Kommunikationsmethoden im Wissensmanagement - ein Schwerpunktthema auf der community of knowledge

    06. August 2004 von Dr. Bernhard von Guretzky, Redaktion

    Das erste Schwerpunktthema auf der community of knowledge ist "Kommunikationsmethoden". Es geht um die Frage, wie kommunikationsspezifische Probleme mit Hilfe bestimmter Methoden gelöst werden können. Ein Charakteristikum dieser Methoden ist das Heben von implizitem Wissen, dem Wissen welches typischerweise unbewusst existiert. Dabei ist das Ziel häufig nicht das bewusste Explizieren, sondern einfach "nur" die Nutzbarmachung dieses Wissens. Vom Story Telling bis zur Dialog-Methode werden Ihnen Experten auf diesem Gebiet, die diese Methoden schon seit Jahren anwenden, hier auf der www.c-o-k.de interessante Einblicke in ihre Arbeit geben.

    Teile dein Wissen mit anderen.
    Das ist eine gute Möglichkeit,
    Unsterblichkeit zu erlangen.
    Dalai Lama

    Einleitung

    Die Entwicklung des Wissensmanagement hat im vergangenen Jahr eine Wende genommen; die mechanistische oder werkzeugorientierte Sichtweise um eine verhaltensorientierte Komponente ergänzt. Ohne Einbeziehung einer "inneren Dimension", wie es K. Romhardt, einer der Autoren der "Bausteine des Wissensmanagements", ausdrückt, ohne den Schwerpunkt auf den Austausch zwischen den an Wissensprozessen beteiligten Personen zu legen, stagniert die weitere Entwicklung des Wissensmanagements. Schließlich geht es ja nicht darum, Wissen zu managen (was an sich im Grunde ja Unsinn ist), sondern der Umgang mit Wissen - die Wissensprozesse also - soll sowohl gestaltet und gesteuert als auch die Menschen dazu gebracht werden, miteinander in Austausch zu treten und sich mitzuteilen - miteinander zu kommunizieren also. Im Unternehmen - wie im Privaten - funktioniert das ohne Vertrauen und Respekt, ohne sich dem anderen mitzuteilen und zu öffnen nicht. Wissensmanagement wird also nur dann der Inspiration, Kreativität und Innovation im Unternehmen förderlich sein, wenn dort ein Umfeld existiert, das Freude am Lernen und Kommunizieren auf eine natürliche Weise trägt. Kurzum, ohne Einbeziehung der menschlichen Seite bleibt es öde und inhaltsleer und ist damit schlichtweg zum Scheitern verurteilt.

    Daher spielen die kommunikationsspezifischen Prozesse im Wissensmanagement eine so wichtige Rolle, weshalb an dieser Stelle dieser Leitgedanke schwerpunktmäßig erörtert werden soll. Der vorliegende Artikel ist als Einführung und Übersicht zum Thema "Kommunikationsmethoden im Wissensmanagement" gedacht, zu dem auf der Community of Knowledge eine Reihe von Abhandlungen erscheinen werden. Diese Methoden befassen sich mit dem Heben impliziten Wissens, implizit deshalb, weil es auf impliziten, nicht ausgesprochenen Annahmen beruht, die in der Regel weder von der Aufmerksamkeit noch von bewusstem Lernen der Wissensträger abhängig sind, sondern im Unbewussten wirken. Es braucht deshalb Methoden, welche dieses Wissen explizieren können, damit erkannt werden kann, wodurch die eigenen Handlungen und Entscheidungen eben auch noch geleitet werden (siehe auch [10]). Der Austausch expliziten Wissens kommt im Grunde ja ohne Kommunikation aus, funktioniert er doch bestens auf der Basis aufgeschriebener Texte. Nur die andere verborgene, implizite Seite des Wissens benötigt den Dialog mit dem Wissensträger, um sie sichtbar, explizit zu machen. Dabei steht nicht der Prozess des Explizierens - also des Bewusstmachens oder Aufschreibens - im Vordergrund, sondern das Nutzbarmachen dieses Wissens, indem sein unsichtbares Wirken gezeigt wird, wobei die Natur dieser Kraft gar nicht verstanden zu werden braucht. Deshalb spricht der Zukunftsforscher Matthias Horx vom Wandel der arbeitsteiligen, auf explizitem Wissen basierenden hin zu einer "wissensteiligen" Welt, in der wir den Gebrauch auch impliziten Wissens als Selbstverständlichkeit betrachten, ohne zu verstehen, wie dieses Wissen in den anderen Menschen entstanden ist, und ohne in der Lage zu sein, dieses Wissen selbst zu erarbeiten. Genau also wie wir das mit den expliziten Dingen wie dem Auto etc schon lange gewöhnt sind.

    Das heißt jetzt nicht, dass handlungsrelevantes Wissen, mit dem man sich orientieren, mit dem man bewerten kann, durch Kommunikation und Dialog überflüssig wird. Der Prozess des Erarbeitens expliziten Wissens hat immer auch eine erkennende, sprich implizite Komponente. Im Wissensmanagement müssen daher beide Seiten, die explizite wie die implizite oder wie es oben genannt wurde die werkzeugorientierte wie die verhaltensortierte Seite Berücksichtigung finden. Das aktuelle Schwerpunktthema widmet sich diesmal der "dunklen" Seite des Wissens, daher beschäftigen sich einige der Artikel mit dem Erfahren des Beziehungsgefüges in einem Unternehmen etwa durch Organisationsaufstellungen, andere mit der Problematik, implizites Expertenwissen mit Hilfe kommunizierenden Lernens oder durch Story Telling auf Mitarbeiter zu transferieren.

    Die menschliche Komponente der Kommunikation

    "Der Massenkonsum neigt sich dem Ende, Dinge sind schlicht langweilig", sagt zu Recht Horx, "der Konsum der Zukunft handelt von Symbolen, Glauben und Magie; er transzendiert sich in Erfahrungen und Erlebnissen." Die Beton- und Mörtelfraktionen aller Couleur müssen begreifen, dass es nicht darum geht, den Erdball zu zubetonieren sondern Erfahrungen, Erlebnisse, Gefühle und Wissen mitzuteilen; der Konsum der Zukunft ist Kommunikation und Aufmerksamkeit also Austausch mit anderen Menschen, verlagert sich also von grobstofflichen Objekten hin zu feinstofflichen, geistigen Aktivitäten.

    Der Austausch von Wissen und sogar das Wissen selbst wird von den Absichten, Hoffnungen und Erwartungen, den Wünschen, Interessen und dem sozialen Umfeld seiner Träger bestimmt. Deshalb ist Kommunikation niemals neutral und die beteiligten Personen eines Dialogs sollten sich stets darüber bewusst sein, ob ihre Äußerungen eine zielgerichtete und konstruktive Einstellung fördern: "Sind meine Worte inspirierend und aufbauend? Helfen sie mir und meinem Gegenüber zu tieferer Einsicht zu gelangen" (siehe auch [6]). Folglich ist es wichtig, im Wissensmanagement diesen individuellen Aspekten der Mitarbeiter breiten Raum einzuräumen, denn auch die Entstehung von Wissen ist stets im Kontext sozialer Zusammenhänge zu sehen und somit auf Kommunikation angewiesen. Lernen im Sinne einer Weiterentwicklung von Mitarbeiter oder Unternehmen, ist an das Gespräch gebunden, das als etwas spezifisch Menschliches in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit rückt. Eine Verbesserung der Wissensbasis von Unternehmen gründet daher auf Kommunikation und Dialog, beides ist im Wissensmanagement vor allem für kreative Prozesse und den Austausch von Wissen unabdingbar (siehe auch [12]). Denn keine zwei Menschen werden aus ihrer Umwelt schon vor dem Hintergrund ihres unterschiedlichen Erfahrungshorizonts dieselben Schlussfolgerungen ziehen; das Unternehmen sollte um diese Vielfalt dankbar sein und sie fördern, denn die Lösung von Problemen erfordert stets die Sichtweise von möglichst vielen Standpunkten und deren Integration zu einer ganzheitlichen Lösung.

    Die Stärke von Teams liegt in der Diversität ihrer Mitglieder, ihren Erfahrungen, den verschiedenen Standpunkten und ihren gemeinsamen Zielen. Das Lernen in Teams geschieht deshalb meist effizienter, weil alle Umwege, alle Fehler und Annahmen im Dialog langsam an Schärfe gewinnen und sich jeder seine eigene Realität aufbaut. Dadurch geschieht eine allmähliche Explizierung impliziten Wissens. Kommunikation und Dialog in wissensorientierten Unternehmen bedürfen also einer besonderen Wertschätzung. Dazu ist von Unternehmensseite darauf zu achten, das Wissen quer durch alle Unternehmensbereiche proaktiv auszutauschen und im Gegenzug von den Mitarbeitern zu verlangen, dass sie ihr eigenes Wissen mit anderen teilen und stets die Verantwortung für das eigene Handeln übernehmen. Oder was Romhardt in seinen Achtsamkeitsübungen (siehe auch [1]) fordert:

    • Offenheit,
    • Nicht-Haften an Einsichten,
    • Freiheit des Denkens,
    • Gemeinschaft und Kommunikation und
    • mit Ärger umgehen.

    Bettini und Schneider (siehe auch [2]) sprechen in diesem Zusammenhang von einem Wissensvertrag zwischen dem Unternehmen und seinen Mitarbeitern und fordern: "Du lässt Dein individuelles Wissen fließen, wir würdigen, fördern, schützen es und lassen das Firmenwissen fließen." Da die Ergebnisse der Wissensarbeit sich in Produkten, Entwürfen, Entscheidungen und Berichten niederschlagen und dadurch nach außen hin sicht-, mess- und kontrollierbar werden, die Aktivitäten der Wissensarbeit jedoch oft nicht in Erscheinung treten oder Teil anderer Tätigkeiten - hier ja meist der Kommunikation - sind, muss es Ziel eines solchen Wissensvertrags sein, dass Wissensarbeit der 20/80-Regel genügt, sich nämlich in formal (und damit kontrollierbare) und informelle (damit unkontrollierbare) Tätigkeiten aufteilt. Der Aufbau und die Pflege persönlicher Netzwerke und die damit verbundene Zeit und ihr Aufwand sind wesentliche Aspekte der Wissensarbeit und vom Unternehmen mit entsprechenden Freiräumen und Hilfsmitteln zu unterstützen.

    Kommunikation aus buddhistischer Perspektive

    Vor dem Hintergrund dass der Dualismus in unserer Welt die Ursache des Leidens auf dieses Welt ist, tragen dualistisches Denken und Kommunizieren den Keim der Konfrontation in sich, so K. Romhardt in [6], eine Situation übrigens die mit der vierwertigen Logik der Inder ("das Eine", "das Andere", "Beides" und "Keines") überwunden werden soll (siehe auch [7]). Für Romhardt ist oberstes Prinzip der Kommunikation die mit einem selbst, denn "wenn du einer anderen Person nicht zuhören kannst, wie kannst du dann dir selbst zuhören?" Um die projektiv auf andere Personen übertragene Spaltung des Ichs zumindest abzumildern, ist ein auf Konsens zielender Kommunikationsstil, der Aggressivität, Manipulation, Exklusion etc. vermeidet, einzuüben. Es braucht zwei Personen für einen Streit, deshalb soll jedes Wort, jeder Gedanke Frieden ausstrahlen.

    Dialog in der Kommunikation von Wissen

    Die von Romhardt aufgeführten Kommunikationspraktiken finden sich als Dialogformen bei Silke Peuker in [12]) wieder, die in ihrem Papier den Dialog für die Kommunikation von Erfahrungswissen beschreibt, wobei Dialog sich hier von Diskussionen unterscheidet, wo es ja darum geht, Argumente auszutauschen, Positionen zu verteidigen oder zu Entscheidungen zu kommen (discutere - "in Stücke schlagen"), womit bewertet und ein Ergebnis oder Konsens festgeschrieben wird. Schon seit alters her ist das Gespräch die wichtigste Form der Weitergabe von Wissen, um Erkenntnisprozesse in Gang zu setzen, um das "Wort fließen zu lassen" nach der ursprünglichen Bedeutung des Wortes her. Dialog ist nicht planbar und ist offen für alles, was geschehen mag, deshalb stiftet er zunächst einmal Verwirrung, weil unterschiedliche Perspektiven aufeinander treffen und das was wahr war, plötzlich unsicher ist. Wer sich auf einen Dialog einlässt, muss die eigenen Positionen in Frage stellen.

    Im Dialog wird ein anderes Verständnis von Wissen sichtbar, nicht das von Experten, die um Rat gefragt werden oder entscheiden, sondern etwas, das alle haben, denn bei jedem am Dialog Beteiligten finden sich Kenntnisse und Erfahrungen, die für Aufgaben wichtig sind und die zusammen ein neues Bild ergeben. Durch die gemeinsame Konstruktion von Wissen wird dessen Dynamik sichtbar (siehe auch [9] und [10]). Wissen ist nichts Statisches, sondern wird immer wieder in verschiedenen Kontexten und anderen Situationen neu erzeugt. Durch jede Reflexion verändern sich Einsichten und Erkenntnisse, jede Nutzung von Wissen verändert das Wissen selbst. Für Peuker hat ein Dialog die folgenden tragenden Eigenschaften

    • das Zuhören,
    • die wertschätzende Begegnung mit Menschen,
    • das "in der Schwebe halten" von Gedanken, Urteilen, Annahmen und Gewissheiten und
    • dem eigenen Inneren eine Stimme geben.

    Der Dialog gibt die Möglichkeit, Dinge zu reflektieren, die normalerweise als selbstverständlich angesehen werden, eingefahrene Routinen und Verhaltensweisen können im Dialog sichtbar gemacht werden und er kann ans Licht bringen, was wer alles weiß und welches Wissen fehlt, eine unabdingbare Voraussetzung für die Festlegung von Wissenszielen.

    Kommunizierendes Lernen

    Die in [11] unter dem Namen "Wissen durch kommunizierendes Lernen" (WiKoLe) vorgestellten vier Methoden verbinden das "erfahrungsorientierte" Lernen mit einem "feedbackorientierten" Dialog, der auf einem zielgerichteten Denken basiert und gemeinsame Wahrnehmungen und Empfindungen aufzeigt. Dadurch entsteht ein tieferes Verständnis für das zwischen den Beteiligten entstandene Wissen.

    Ziel dieses "Methodensets" ist es, dem Wissensverlust in Projekten entgegenzuwirken und die Kommunikation innerhalb von Projekten zu fördern. Denn durch den Verlust dieses Erfahrungswissens kommt es zu Doppelarbeit und zu vermeidbaren Wiederholungen in den individuellen Lernprozessen der Mitarbeiter. Darüber hinaus gilt es, den Wissensaustausch zwischen neuen und erfahrenden Mitarbeiter zu fördern und das Wissen beider Seiten durch systematische Routinen - ein durchaus bemerkenswerter, neuer Standpunkt - dem Unternehmen zu Verfügung zu stellen. Dabei geht es sowohl um die Explizierung (das Aufschreiben) impliziten Wissens unter der Berücksichtigung des individuellen Erfahrungskontext der jeweiligen Wissensträger als auch um die Thematisierung der dabei zu tage tretenden Emotionen.

    Die in [11] beschriebenen Methoden dienen auch der Explizierung des Wissens, das nicht nur in den Köpfen Einzelner enthalten ist, sondern ebenso in den Routinen, Prozessen, Praktiken und Normen, die von den Mitarbeitern - meist unbewusst - gelebt werden. Damit kann sehr schön die Unternehmens- bzw. Wissenskultur der Firma sichtbar gemacht werden.

    Organisationsaufstellungen

    In [9] und [10] wird die Methode der systemischer Aufstellung, die in den vergangenen 15-20 Jahren durch Bert Hellinger einem breiten Publikum als Familienaufstellung bekannt gemacht wurde, auch auf die betriebliche Dynamik angewandt, wobei durch das Aufstellen von sog. Repräsentanten die subjektiv wahrgenommenen Konstellationen in einem Unternehmens und damit implizites Wissen im Sinne des Wortes vergegenständlicht werden. Die Beteiligten einer solchen Aufstellung "sehen" die inneren Zusammenhänge und ihnen wird damit ein zweckdienliches Hilfsmittel zur Selbstreflexion in die Hand gegeben. Organisationsaufstellungen sind eine neue Methode, die seit etwa zehn Jahren eingesetzt werden und der Verbesserung der Lernfähigkeit von Unternehmen und ihren Mitarbeitern dienen (siehe auch [5]).

    Bei Organisations-, wie Familien und sonstigen Aufstellungen "geschieht" etwas, das sich einer wissenschaftlichen Erklärung entzieht, genauso wie die Lösungen, die mit Hilfe dieser Methode gefunden werden. Trotzdem "wirkt" dabei etwas, denn die Repräsentanten einer solchen Aufstellung offenbaren intimste Kenntnisse - implizites Wissen, wenn man so will - dass sich nicht aus ihren persönlichen Erfahrungen und dem Wissen um die Umstände erklären lässt. Die Zumutung für die Beteiligten liegt darin, der eigenen Wahrnehmung und den eigenen Empfindungen zu vertrauen, obwohl der Verstand unablässig - wie übrigens eine Menge Kritiker insbesondere in den meinungsbildenden politischen Magazinen - diese Erkenntnisse klein zu reden versucht. Es scheint eine Art von Wissen und damit eine neue Art der Kommunikation zu geben - vielleicht so etwas wie die morphogenetischen Felder des Biologen Rupert Sheldrake - denn die Protagonisten empfinden und wissen scheinbar etwas, dass sie eigentlich gar nicht wissen können.

    In den Organisationsaufstellungen wird rein phänomenologisch gearbeitet; man orientiert, sich allein an den Phänomenen, die sich in einer Aufstellung zeigen und versucht möglichst vollständig auf vorhandenes persönliches Wissen darüber zu verzichten. Dadurch werden mit dieser Methode mehr Kontexte berücksichtigt und Interaktionen zwischen den unterschiedlichen Steuerungsebenen einbezogen, es entsteht ein sinnlich erfahrbares Soziogramm, das sowohl die Stolpersteine wie mögliche Lösungen aufzeigt.

    Durch die Wahrnehmungen der Repräsentanten können mögliche Perspektiven, Kontexte und Interaktionen zwischen Personen oder Bereichen oder Objekten und Zielen deutlich werden. Man kann es als Form der Explikation impliziten Unternehmenswissens sehen, wodurch die Basis für ein subjektiv lebensnah wahrgenommenes Simulationsmodell geschaffen wird.

    Story Telling

    "Menschen brauchen Geschichten, um zu verstehen. Menschen lieben Geschichten, weil sie etwas von sich selbst darin finden. Menschen orientieren sich an Geschichten, weil die vom Weg erzählen. Menschen finden zusammen, weil Geschichten von Gemeinsamkeit handeln. Menschen lernen leicht aus dem, was erzählt wird, weil Geschichten Erfahrungen vermitteln. Menschen finden Sinn in menschlichen Geschichten. Menschen handeln so wie in Geschichten. Menschen verstehen die Welt in den Welten der Geschichten, die erzählt werden. Menschen werden taub durch die Fluten der Informationen und sofort hellhörig, wenn sie eine Geschichte hören. Menschen brauchen Geschichten als Humus für ihre Wirklichkeit, um die Gegenwart und sich selbst zu verstehen." (Brandeins 4/2003)

    Menschliches Erleben und Verstehen erfolgt auf der Ebene von Geschichten: Es sind die darin vorkommenden identitätsbildenden Abschnitte wie Handlungssequenzen, Charaktere, Situationen, Entscheidungen und Lösungen (siehe auch [4]) an denen sich unser Lern- und Erinnerungsvermögen orientiert. Denn wie kommt es, dass man dem Kollegen in der Regel mühelos zuhört und versteht, sich aber mühsam durch trockene Protokolle und Charts quält? Geschichten helfen uns, Komplexität zu verstehen, sie befriedigen die Frage nach dem Warum, füllen Fakten mit Leben und haben eine Botschaft, die bisweilen überraschend ins Auge springt, bisweilen entdeckt werden will. Gemeinsam ist allen Arten von Geschichten, dass sie konkrete Vorstellungen, innere Bilder hervorrufen, nicht nur den Verstand, sondern auch das Gefühl ansprechen und neue Denk- und Handlungsmöglichkeiten aufzeigen. Geschichten kann man nicht nur verstehen, sondern miterleben. Dieses Miterleben funktioniert, weil Geschichten sinnstiftend sind: Sinn und Bedeutung sind etwas, was man in formalen und technischen Prozessen des Wissensmanagements gerne vergisst oder bewusst ausklammert: Gerade hier aber liegt die Chance, individuelle und organisationale Lernprozesse miteinander zu verbinden (siehe [8]).

    Man unterscheidet folgende Varianten (siehe auch [4]):

    • Strategisches Story Telling: Unternehmen identifizieren sich auch über Geschichten. Die Abstraktion der Unternehmensgeschichte in die Zukunft hinein muss als Geschichte dieses Unternehmens erzählt werden.
    • Kulturelles Story Telling: Es ist eine allgemeine Managementaufgabe die gute Geschichte des Unternehmens aktuell zu halten und damit den Sinn zu beschreiben, für dieses Unternehmen Leistungen zu erbringen.
    • Geschichten als Wissensspeicher oder Best Practices

    Der Zweck des Story Telling liegt in der Konkretisierung der Erlebnisse und Erfahrungen der Mitarbeiter, die an Wissensprozesse im Unternehmen beteiligt sind.

    Querdenken

    Querdenken ist die Fähigkeit, in neuen und ungewohnten Situationen nicht einfach schematisch nach alten Mustern zu reagieren, sondern die spezifischen Eigenheiten und Chancen einer neuen Aufgabe zu erfassen und in origineller Weise zu nutzen, ohne sich vom Erwartungsdruck der Umgebung in alte Reaktionsweisen zurück zwingen zu lassen. Ein Denken in neuen Zusammenhängen und daraus neue Muster oder Theorien abzuleiten, ist gefordert anstelle von elaboraten Ableitungen, die sich meist in einer normierten und nivellierten Sprache niederschlagen. Dabei geht es nicht nur darum, bewusst anzuecken und den Widerstand mitsamt der Kritik auszuhalten, den eine konträre Position provozieren kann. Oft ist damit ja auch Erfolg verbunden, der Missgunst hervorruft, die es auszuhalten gilt und diesen Erfolg gezielt in Teams einzusetzen und mit ihnen den Glanz des Erfolgs teilen.

    Querdenken soll auch Kreativitätsblockaden überwinden, die durch den eigenen Verstand, die eigenen Erfahrungen und Gewohnheiten, die Beharrlichkeit sowie Faulheit und die Angst vor Kritik und ihren Folgen hervorgerufen werden. Erfolgreiches Querdenken führt zu neuen Einsichten. Ein guter Querdenker schätzt es als künftige Möglichkeit, die neuen Werte, Einsichten und Handlungsoptionen zu bewahren und als Mittel, durch das er Zugang zu den Mustern erfolgreicher Problemlösungen hat. Dabei ist Querdenken eine durch und durch "logische" Angelegenheit, wobei es allerdings nicht der in der griechisch-abendländischen Philosophie begründeten zweiwertigen (dualistischen) Logik ("tertium non datur") folgt, sondern dem sog. Tetralemma ("Urteilsvierkant", Sanskrit: "catu sko ti"), einer auf den indischen Philosophen Nagarjuna zurückgehenden Logik zur Kategorisierung von Haltungen und Standpunkten mit der Entscheidungsalternativen aus verschiedenen Perspektiven betrachtet werden können.

    In [6] wird ein "tetralemmatisches" Vorgehen vorgestellt, Querdenken als Form unbewusster, aber zielgerichteter Wissensverarbeitung zu betrachten und als wesentlichen Teil des Innovationsprozesses zu benutzen, indem der Schwerpunkt auf alternativen, verschiedenartigen Lösungswegen gelegt wird.

    Links

    [1] K. Romhardt: "14 Achtsamkeitsübungen"; www.romhardt.com/downloads/14_Achtsamkeitsuebungen_des_Orden_Intersein.doc

    [2] M. Bettoni; S. Schneider: "Das Wesentliche im Wissensmanagement"; www.fhbb.ch/weknow/vico/pdf/Statements.pdf

    [3] Fraunhofer Institut: "Virtual Communities - 3D Mehrbenutzerkommunikations-plattformen"; www.media-vision.iao.fhg.de/downloads/Virtual_Communities.pdf

    [4] M. Loebbert: "Story Management"; www.storymanagement.com/Seiten/Storymanage.pdf

    [5] M. Varga v. Kibéd: Ganz im Gegenteil... Querdenken als Quelle der Veränderung

    auf der www.c-o-k.de zum Thema Kommunikationsmethoden bisher erschienene und in diesem Artikel teilweise näher vorgestellte Artikel:

    [6] K. Romhardt: "Kommunikation aus buddhistischer Perspektive"; http://www.community-of-knowledge.de/beitrag/kommunikation-aus-buddhistischer-perspektive-ansaetze-des-zen-meisters-thich-nhat-hanh/

    [7] B. v. Guretzky: "Innovation: Querdenken als Basis des Wissensmanagement"; http://www.community-of-knowledge.de/beitrag/innovation-querdenken-als-basis-des-wissensmanagements/

    [8] Erlach et. al.: "Story Telling - mit Geschichten Organisationen bewegen"; http://www.community-of-knowledge.de/beitrag/story-telling-mit-geschichten-organisationen-bewegen/

    [9] K. Lehman, T. Wehner: "Nutzung impliziten Wissens und eine Sichtweise der "Kybernetik zweiter Ordnung" für die Führung komplexer sozialer Systeme: Organisationsaufstellungen"; http://www.community-of-knowledge.de/beitrag/nutzung-impliziten-wissens-und-eine-sichtweise-der-kybernetik-zweiter-ordnung-fuer-die-fuehrung-ko/

    [10] I. Bothe: "Organisationsaufstellungen"; http://www.community-of-knowledge.de/beitrag/organisationsaufstellungen

    [11] Core Business Development GmbH: "Wissen durch kommunizierendes Lernen"; http://www.community-of-knowledge.de/beitrag/wissen-durch-kommunizierendes-lernen/

    [12] S. Peuker: "Dialog in der Kommunikation von Wissen"; http://www.community-of-knowledge.de/beitrag/dialog-in-der-kommunikation-von-wissen-ein-erfahrungsbericht/

    T. Auer: "Menschengebundenes Wissen und Personalentwicklung: Know How-, Expertise- & Experience-Preservation (KEEP)"; http://www.community-of-knowledge.de/beitrag/menschengebundenes-wissen-und-personalentwicklung-know-how-expertise-experience-preservation/

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