Schritte zur Einführung des Wissensmanagements: Wissenskarten - Gelbe Seiten - Teil A -

    15. März 2001 von Dr. Bernhard von Guretzky

    Dieses Papier (bestehend aus den Teilen A und B) ist der zweite Teil einer Reihe von Abhandlungen, in denen die einzelnen Schritte der Einführung des Wissensmanagements im Unternehmen beschrieben werden. Teil A gibt eine Einführung in den Problemkreis und eine kurze Beschreibung der Bausteine des Wissensmanagements. Der Transparenz von Wissen, die in Abschnitt 3 behandelt wird, fällt dabei eine wesentliche Rolle zu.

    Knowledge Management is the attempt to recognise
    what is essentially a human asset
    buried in the minds of individuals,
    and leverage it into an organisational asset
    that can be accessed and used by a broader set of individuals
    on whose decisions the firm depends.
    Larry Prusak

    Problemstellung

    Je größer und verzweigter ein Unternehmen ist, desto undurchsichtiger sind die internen Strukturen und desto schwieriger gestaltet sich die Kommunikation zwischen den Mitarbeitern. Dadurch geht die Übersicht über die internen Fähigkeiten verloren und als Folge dessen können eigene Wissensbestände nicht mehr produktiv genug genutzt werden, was direkte Auswirkungen auf die Innovationsfähigkeit des Unternehmens hat. Dieser Teufelskreis hat seine Ursache nicht im Mangel an Informationen, sondern es fehlt vielmehr die Transparenz über die internen und externen Wissensbestände.

    Da sich Unternehmen zunehmend um Kernprozesse herum organisieren, verändern sich naturgemäß die klassischen Organisationsmodelle wie Matrix oder Linie. Diese Umstellung der Ablauforganisation erfordert einen dem entsprechenden Umgang mit den internen Kompetenzen. Aus der Perspektive des Wissensmanagements muß es also darum gehen herauszufinden, welche Wissensträger bzw. Wissensstrukturen einen Kernprozess unterstützen müssen. Wesentlich ist also der Überblick über die eigenen Wissensträger mit ihren fachlichen, methodischen und sozialen Kompetenzen. Das bringt im Umkehrschluss die Wissensdefizite zum Vorschein, die dann erst gezielt bekämpft werden können.

    Es versteht sich von selbst, dass insbesondere bei high-tech Firmen der Unternehmenswert durch das Know-how der Mitarbeiter bestimmt wird. Wissen ist als eine Ressource erkannt, die von Menschen generiert wird und zum großen Teil an bestimmte Personen gebunden ist. Dieses gebundene Wissen beruht auf langjähriger Ausbildung und Erfahrung und läßt sich nur mit viel Aufwand explizit machen.

    Was kann Wissensmanagement tun, um dieses generelle Problem einer schrittweisen Lösung zuzuführen? Ein Ansatz ist das Schaffen von Voraussetzungen, Mitarbeiter die nach Lösungsansätzen für aktuelle Probleme suchen, mit anderen Mitarbeitern zu vernetzen, die für analoge Aufgaben bereits früher zu guten Lösungen beigetragen haben.

    Im folgenden wird dazu die Methodik der Wissenskarten (knowledge maps) als einer von mehreren Schritten zur Einführung des Wissensmanagements beschrieben und Hinweise zu ihrer Implementierung im Unternehmen diskutiert. Dieser Beitrag ist somit als Teil einer Reihe weiterer Artikel zu verstehen, die sich den einzelnen Schritten (s.u.) des Wissensmanagements widmen.

    Bausteine des Wissensmanagements

    Die Geneva Knowledge Group um Probst und Romhardt hat den Prozess des Wissensmanagements im Unternehmen konzeptualisiert und damit versucht, die Vernetzung und Abhängigkeiten der einzelnen Aktionen zu visualisieren. (weitere Einzelheiten dazu finden sich im 1. Beitrag der Artikelreihe oder in der angegebenen Literatur.) Dieser in einzelne Bausteine zerlegte Prozess soll einerseits die Theoretisierung und Abgehobenheit der Konzepte zum Wissensmanagement überwinden und andererseits praktische Schritte definieren, die den Prozess zur Einführung des Wissensmanagements transparenter machen.

    Das Modell teilt den Prozess der Einführung des Wissensmanagements in die Komponenten Wissenstransparenz, -erwerb, -entwicklung, -verteilung, -bewahrung und Wissensnutzung auf, verdeutlicht die Abhängigkeiten der einzelnen Teilprozesse voneinander und unterstreicht, dass die einzelnen Bausteine aufeinander einwirken und Maßnahmen des Wissensmanagements nie isoliert betrachtet werden dürfen. Es ist jedoch nicht als lineares Vorgehensmodell zu verstehen, sondern eher als Kreislauf, dem rapid prototyping nicht unähnlich. Denn viele Probleme entstehen, weil die Organisation einem oder mehreren dieser Bausteine zu wenig Beachtung schenkt und somit der Wissenskreislauf gestört wird.

    Wissenstransparenz

    In vielen Betrieben haben sich bereits informelle Expertennetzwerke gebildet, die sich nicht mehr an Unternehmensgrenzen orientieren. In ihnen zirkulieren Informationen und werden Kontakte vermittelt, was den Mitgliedern dieser Netzwerke oft entscheidende Informationsvorsprünge sichert. Persönliche Kontakte und gegenseitiges Vertrauen ermöglichen einen persönlichen Kommunikationsstil, der es den Mitgliedern dieser Netzwerke erlaubt, sich leichter zu orientieren. Dies funktioniert jedoch nur, wenn jeder sein Wissen, seine Erfahrungen und persönlichen Kontakte dem Netzwerk zur Verfügung stellt.

    Das Wissen von Unternehmen wird jedoch nicht nur durch diese Beziehungsnetzwerke mitsamt ihren Spielregeln repräsentiert, sondern steckt auch in Expertensystemen, Veröffentlichungen, Datenbanken, Rechten und Patenten dieser Organisation.

    Das Problem für viele Unternehmen liegt in der mangelnden Nutzung solcher Netzwerke, von deren Existenz, den davon berührten Wissensgebieten und deren Mitgliedern auf der Leitungsebene oft nichts bekannt ist. Unternehmen können hier viel von den Netzwerken der "old boys", den Alumni amerikanischer Universitäten oder den ehemaligen Mitgliedern diverser Unternehmensberatungen lernen.

    Wissenstransparenz dient der Förderung der Nutzung dieser Netzwerke und ermöglicht dadurch erst eine Bestandsaufnahme des Istzustandes. Das Unternehmen verschafft sich damit einen Überblick über die eigenen Fähigkeiten und die entsprechenden Experten, die über besonders kritisches Wissen zur Erreichung der Wissensziele verfügen. Damit wird im Sinne eines eigenverantwortlichen Holprinzips Know-how anderen Mitarbeitern zugänglich gemacht und deren Schlüsselqualifikation, nämlich der effektive Umgang mit Informationen, durch eine Infrastruktur des Wissens unterstützt.

    Als Resultat verschafft Wissenstransparenz dem Einzelnen eine bessere Orientierung und ermöglicht einen leichteren Zugriff auf ein externes Wissensumfeld, wodurch Synergien erzielt und Kooperationen und Kontakte geknüpft werden. Die Organisation nutzt im Resultat interne und externe Ressourcen effizienter und erhöht damit die eigene Reaktionsfähigkeit. Da ein Teil des relevanten Wissens nicht vom Wissensträger entkoppelt werden kann, sind die Wissensquellen um die menschliche Kommunikation, um Mitarbeiterprofile und externe Stellen zu ergänzen.

    Da das Wissensmanagement die vorhandenen Kompetenzen bewertet und neue Prioritäten setzt, verlieren durch diesen Prozess Experten ihre Sonderstellung. Erfolgreiche Wissenstransparenz verringert zudem Informationsvorsprünge und reduziert damit die Machtbasis der Experten. Wissenstransparenz hat also "natürliche" Feinde, was bei der Durchführung dieses Prozesses von vornherein zu berücksichtigen ist. Abhilfe schaffen hier mehrere Aktionen. Da ist zu allererst davon zu überzeugen, dass das Management die Wissenstransparenz trägt. Durch entsprechende querschnittliche Organisationsstrukturen kann dies zusätzlich betont werden - denn dieser Prozess berührt bisher getrennte Bereiche wie Forschung und Entwicklung, Informationsverarbeitung, strategische Unternehmensplanung und Personalplanung.

    Schließlich ist Wissenstransparenz keine technische Herausforderung, sondern dient der Verbesserung der menschlichen Kommunikation. Es geht um die Verbindung von technologischem Fortschritt mit dem Faktor Mensch, seinen individuellen Fähigkeiten und Erfahrungen.

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