Knowledgemanagement / Wissensmanagement im Gesundheitswesen

    06. September 2001 von Dipl.-Pol. Alexandra Wernicke

    Der Austausch von gewonnenen Erkenntnissen in jeder einzelnen Fachdisziplin zwischen Ärzten, Biologen, Pharmazeuten, Heilpraktikern und anderen Heilberufen bedeutet nicht nur einen Informationsgewinn in einer immer stärker vernetzten Welt, sondern ist ein Schritt in eine wissende, moderne Zukunft. Die Zeiten, in denen Experten ihre gewonnenen Erkenntnisse nur innerhalb einer bestimmten Berufsgruppe diskutiert und ausgetauscht haben, sind längst überholt. Dieser Artikel behandelt bestehende und zukünftige Möglichkeiten, virtuelle Experten communities aufzubauen und auszuweiten, medizinisch relevantes Wissen durch digitale Technologien zwischen diesen auszutauschen und betrachtet außerdem virtuelle Operationstechniken. Ferner wird auf das Workflowmanagement bei verteilten Expertenteams eingegangen.

    Virtuellen Experten Gemeinschaften bzw. communities:

     

    `Virtuelle Gemeinschaften beschreiben den Zusammenschluss von Individuen oder Organisationen, die gemeinsame Werte und Interessen miteinander teilen und die über längere Zeit mittels elektronischer Medien, orts- und (teilweise auch) zeitungebunden in einem gemeinsamen semantischen Raum (gemeinsame Begriffswelt) kommunizieren.` (Petra Schubert `Virtuelle Transaktionsgemeinschaften im Electronic Commerce. Management, Marketing und Soziale Umwelt`, St. Gallen, 1999 aus:
    www.abseits.de/communities.htm.

    Virtuelle Gemeinschaften bzw. communities gibt es in unterschiedlichen Formen und Ausprägungen. Ein Chat ist genauso eine virtuelle Gemeinschaft wie ein wissenschaftliches Forum, in dem sich seine Mitglieder zu einem bestimmten Thema äußern. Dieser Artikel thematisiert jedoch nur virtuelle Expertendiskussionen im Gesundheitswesen. Diese Experten communities können im herkömmlichen Sinne als Teams betrachtet werden. Teams sind in der Regel erfolgreicher als Einzelkämpfer. Experten, die sich in einem bestimmten Fachgebiet gut auskennen, können ihr Wissen und ihre Erfahrung in einer Experten community für alle erfolgversprechend einbringen. Sie arbeiten dabei sowohl ehrenamtlich als auch berufsmäßig. In virtuellen communities muss es Aktive geben, die sich für die technischen Voraussetzungen verantwortlich zeichnen (Techniker, Ingenieure, Informatiker). Die virtuelle community kann diese Voraussetzungen entweder selbst finanzieren, oder sie kann sich über Vergütungen (wie Werbeeinnahmen, Provisionen) tragen. Ferner wäre eine Teilfinanzierung vom Staat (wie z. B. im Wahlkampf) oder eine Kostenübernahme durch einzelne Unternehmen/Privatpersonen erstrebenswert.

    Die Bildung solcher communities ist immer dann nötig und sinnvoll, wenn es um anspruchsvolle und komplexe Anforderungen geht. Werden Aufgaben und Probleme fachlich übergreifend diskutiert und gemeinsam nach Lösungen gesucht, kann ein interdisziplinärer Austausch von kompliziertem Wissen zwischen allen Beteiligten den Erkenntnisprozess beschleunigen bzw. bereichern. Eine direkte Zusammenarbeit, man spricht hier von `knowledge sharing`, ist dann fruchtbar, wenn es darum geht, verschiedene Erfahrungen, Kompetenzen und Disziplinen für eine Gesamtleistung beizutragen. Experten communities können die Fähigkeiten Einzelner bündeln und ihr Wissen den Experten, deren Patienten und letztendlich der Allgemeinheit zur Verfügung stellen.

    Die OnkoNet GmbH - Teil einer virtuellen Experten community:

    Die OnkoNet GmbH ist eine solche Experten community. Sie bietet zum Beispiel Krebspatienten und Ärzten Informationen für die Behandlung von an Krebs erkrankten Menschen an. Die Onkologie ist ein Teilgebiet der Medizin, das sich mit den Tumoren befasst. Dieser Internetservice mit der Adresse
    www.onkonet.com/
    verfolgt das Ziel, durch fachspezifisch-wissenschaftliches Informationsmaterial wesentlich zum therapeutischen Erfolg einer medikamentösen Behandlung bei Krebserkrankungen beizutragen.

    Die OnkoNet GmbH ist de facto ein Unternehmen onkologisch tätiger Pharmazeuten, welches die von Apotheken angebotenen Serviceleistungen unterstützt und sich auf die Beschaffung, Aufbereitung und Präsentation von wissenschaftlichen Informationen im pharmazeutischen Bereich spezialisiert hat. Das Unternehmen legt dabei den Schwerpunkt auf die Bearbeitung praxisrelevanter Fragestellungen wie Lagerung, Herstellung und Anwendung von Zytostatika (Präparate, die eine Kernteilung und Zellvermehrung hemmen) sowie deren klinisch-pharmakologisches Profil.

    Durch das Bereitstellen wissenschaftlich gewonnener pharmazeutischer Erkenntnisse deckt die OnkoNet GmbH folgende Bereiche ab:

    • Für den Patienten soll eine optimale und individualisierte medikamentöse Therapie zur Erzielung des maximalen therapeutischen Erfolges sichergestellt werden.
    • Krebsforschende Pharmazeuten werden durch fundiertes Fachwissen im Kreis der onkologisch - tätigen Heilberufler als kompetenter und unentbehrlicher Partner in ihrer Rolle gestärkt.
    • Anderen Heilberuflern gilt eine unterstützende Tätigkeit durch Informationsaustausch mit onkologischen Pharmazeuten bei der interdisziplinären Betreuung von an Krebs erkrankten Patienten.
    • Durch Anregung eines Austausches von Wissen zwischen Arzneimittelherstellern und -anwendern der pharmazeutischen Industrie wird die Lösung von Problemstellungen beschleunigt und eine Optimierung der Arzneimittelanwendung durch interaktive Kommunikation erfolgen.

     

    Die Hauptprofiteure dieses Services sind die öffentlichen Apotheken und die Krankenhaus-Apotheken. Ärzte und die Pharma-Firmen nutzen dieses Angebot bislang nur unzureichend.

    aus: www.onkonet.com/home.htm

     

    Die von der OnkoNet GmbH zur Verfügung gestellten Informationen sind zur Anwendung durch pharmazeutisches Fachpersonal bestimmt. Fragen von Patienten oder deren Angehörigen werden dort leider nicht beantwortet. Auf die Möglichkeit, Patientenanfragen direkt einzubinden und das freiwillige Erfassen von Patientendaten (elektronische Patientenkarte), wird in diesem Artikel weiter unten eingegangen.

     

    Wissensmanagement im Gesundheitswesen

    In einer immer komplexer werdenden Informationsgesellschaft ist die Auswahl bestimmter Wissensbereiche und deren bestmögliche Nutzung ein wesentlicher Bestandteil für eine erfolgreiche Entwicklung in einer globalisierten Welt. Aufgabe eines gelungenen Wissensmanagements ist es, die Erzeugung, die Vermittlung und die Anwendung von Wissen so zu gewährleisten, dass deren Ergebnisse wissenschaftlichen Fortschritt nach sich ziehen können. Praktisch bedeutet das, dass die Organisation und Vernetzung von Wissenschaft und Forschung innerhalb und außerhalb der Hochschulen, das Erschließen von Wissen aus den herkömmlichen Quellen wie den Bibliotheken, den Archiven, etc. und schließlich deren Weiterentwicklung in Bezug auf konkrete medizinisch relevante Projekte z. B. in den virtuellen communities zu fördern ist.

    Der Austausch von Wissen bzw. das Wissensmanagement im Gesundheitswesen beschränkt sich aber nicht nur auf pharmazeutische Erkenntnisse wie bei der bereits erwähnten OnkoNet GmbH, sondern sollte möglichst alle am Heilungsprozess des Patienten beteiligten Personen und Institutionen mit einschließen.

    Es stellt sich die Frage, welche Anreize bzw. Anreizsysteme geschaffen werden müssen, damit nicht nur medizinisches Wissen zwischen einzelnen Experten ausgetauscht wird, sondern darüber hinaus Behandlungsteams in aller Welt interdisziplinär ihr spezifisches Fachwissen zum Wohle des Patienten zur Verfügung stellen. Und wie soll dieser Datenaustausch, d.h. das workflowmanagement von zum Teil hoch sensiblen Daten zwischen den einzelnen virtuellen Behandlungsteams organisiert werden?

    Anreizsysteme im Gesundheitswesen:

    `Anreizsysteme sind Bestandteil jedweder Managementkonzeption und dienen als deren Teilelement instrumentell zur Erreichung der betrieblichen Ziele. Mit ihnen wird versucht, direkt oder indirekt Mitarbeiter zu motivieren, zielgerichtetes Verhalten zu zeigen. Als Führungsinstrumente oder als Instrument der strukturellen Mitarbeiterführung sind sie Objekt strategischer Gestaltungsmaßnahmen und von daher zentraler Teil der Unternehmungs- und Personalpolitik. Sie setzen die Rahmenbedingungen zur Motivation der Mitarbeiter, deren konkrete Umsetzung dann noch zusätzlich durch die direkte Führung modifiziert werden kann.
    Die generelle Funktion der Mitarbeiterführung kann zum einen durch unmittelbaren Kontakt zwischen Vorgesetzten und untergebenen Mitarbeitern sowie zum anderen durch eine nur mittelbar wirkende Gestaltung der Bedingungen erfüllt werden.’
    www.flexible-unternehmen.de/kv0605.htm

    Jedoch unterliegen virtuelle Expertenteams anderen Voraussetzungen als Mitarbeiter innerhalb eines Unternehmens. Dabei ist die Art und Weise wie zusammengearbeitet wird, nämlich das Workflowmanagement (darunter versteht man Programme, die alle Arbeitsschritte und Vorgänge automatisch steuern und den zuständigen Beschäftigten oder Beschäftigtengruppen ihre Aufgaben zuweisen. Archivierungssysteme, Datenverteilsysteme und die Automatisierung der eigentlichen Vorgangsbearbeitung verbinden sich allmählich zu einem einzigen EDV-System unter einer einheitlichen Oberfläche), zweitrangig.

    Als erstes gilt es zu klären, ob verteilte Experten bzw. -teams ihr Wissen überhaupt austauschen wollen und unter welchen Bedingungen dies geschehen soll. In diesem Zusammenhang spielen nicht nur rechtliche Dinge wie Patentrechte etc. eine Rolle, sondern es rücken vielmehr altruistische Motive in den Vordergrund. Mediziner, Biologen und Techniker arbeiten gemeinsam in den virtuellen Experten communities zum Wohle der Patienten und für den medizinischen Fortschritt. Sicherlich sind Forschungs- bzw. Fördermittel seitens des Staates oder der Wirtschaft sinnvolle Anreize, um Menschen zur Zusammenarbeit in Medizin und Forschung zu bewegen. Es geht aber vielmehr um ideelle Stimuli wie z. B. die Vergabe von Forschungspreisen für besondere Leistungen (ähnlich des Friedensnobelpreises). Werden solche Voraussetzungen geschaffen bzw. ausgebaut, ist das wie einer solchen Zusammenarbeit der nächste Schritt.

    Workflowmanagement im Gesundheitswesen:

    Die Art und Weise, wie Daten ausgetauscht werden, ist der nächste Schritt. Eine ungehinderte Kommunikation medizinisch relevanter Daten einzelner Patienten birgt die Gefahr, Persönlichkeitsrechte von Menschen einzuschränken. Daten über verschriebene Arzneimittel oder über Operationen, Herzfehler, etc. können einen Rückschluss auf den Gesundheitszustand des Patienten zulassen. Diese gewonnenen Patientendaten müssten aber digital gespeichert und aktualisiert werden, damit Expertenteams für die Behandlung auf die jeweilige Patientenakte in der Datenbank zugreifen können. Dabei muss die Anonymität jedes einzelnen Patienten gewährleistet bleiben. Je größer die Möglichkeiten digitaler Vernetzung werden, desto eher ist ein Zugriff Unauthorisierter wahrscheinlich. Der jugendliche Hacker, der in fremde Systeme eindringt, ist durchaus in der Lage, dem konventionellen Dieb von Patientenakten Konkurrenz zu machen. Ein entsprechendes Verschlüsselungsverfahren muss vor Schnüffeleien schützen.

    Das EDV-Dienstleistungsunternehmen d.velop AG aus Gescher
    www.d-velop.de
    beispielsweise bietet eine dementsprechende Branchenlösung für das Gesundheitswesen an. Über einen Webclient ist eine Recherche im d.3 Archiv und ein Zugriff auf eine Elektronische Patientenakte weltweit möglich, so dass ein ungehinderter Datenaustausch (Workflow) stattfinden kann. Wie bei der internen Dokumentenrecherche über das Intranet (login am Server), greifen auch hier die gleichen Sicherheitsmechanismen. Ein mehrstufiges digitales Signaturverfahren (private/public key) mit SSL Verschlüsselung sichert darüber hinaus die Datenkommunikation zwischen Client und Webserver.

    Ein ähnliches Workflowmanagement System vernetzt bereits heute 40 der rund 34.000 Ärztinnen und Ärzte in Westfalen-Lippe mittels eines Elektronischen Arztausweises. Sie sind an einem Modellprojekt zur Verbesserung und Verbesserung der Kommunikationsstrukturen im Gesundheitswesen, dem `Community Health Information Network` beteiligt. Durch die gemeinsame Nutzung einer `elektronischen Patientenakte` in der Zusammenarbeit von Klinik, Rehabilitationseinrichtung, Arztpraxis, Sozialversicherung und Telekom soll die Behandlung von Patienten verbessert und beschleunigt sowie unnötige Doppeluntersuchungen vermieden werden
    www.marburger-bund.de/bundesverband/service/chin/index.htm www.aerzteblatt.de/archiv/artikel.asp?id=25583.

    Die freiwillige elektronische Patientenakte - Nutzung durch den Patienten:

    Generelle Patientenanfragen können bereits heute durch einen Service der Firma Careon abgedeckt werden. Diese Firma bietet registrierten Patienten einen Zugriff auf ihre eigenen Krankendaten per Internet an. Die Benutzer werden z. B. per Mail an ihre Arzttermine, Medikamente, Röntgenuntersuchungen, Impfungen, Vorsorgemaßnahmen etc. erinnert
    www.careon.de/.
    Die jährliche Nutzungsgebühr für die careon-Gesundheitsakte beträgt 30 EURO, für die careon-Familienakte mit zwei Erwachsenen und zwei Kindern 40 EURO. Ein umfangreiches Sicherheitskonzept gewährleistet auch hier die Vertraulichkeit der Daten. Hierfür wird die SSL-Verschlüsselung (Secure Socket Layer) in der Version 3.0, einem weltweit anerkannten Sicherheitsstandard, eingesetzt. Diese Verschlüsselung mit einer Länge von 128 Bit gilt derzeit als sicher.

    So positiv eine weltweite medizinische Vernetzung per Internet auch ist, so kritisch muss das Vorhaben der Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt, einen elektronischen Arzneimittelpass für alle Sozialversicherungspflichtigen bzw. für alle Bürger einzuführen, in diesem Zusammenhang diskutiert werden. Eine Zentralisierung von medizinischen Daten kann jeglichen Datenschutz aushebeln. Zwar liefert die Arzneimitteldokumentation via elektronischen Arzneimittelpasses nach dem Lipobay Skandal wichtige Hinweise zur Vermeidung von Doppelverordnungen und unerwünschten Nebenwirkungen, jedoch werden von Patienten privat gekaufte Medikamente nicht erfasst
    de.news.yahoo.com/010831/27/1wxu5.html
    Nicht ohne Grund bestand bei der Einführung der Krankenkassen-Chipkarte der politische Konsens, dass dort Informationen über Diagnosen, Behandlungen oder verschriebenen Medikamente nichts zu suchen haben. Niemand kann derzeit ausschließen, dass Patientendaten auch missbraucht werden könnten. Der verantwortungsvolle Umgang mit medizinischen Patientendaten ist daher die Voraussetzung für einen Informationsaustausch in den Experten communities.

    Health On the Net Foundation (HON):

    Ein gutes Beispiel für ein sinnvolles Wissensmanagement im Gesundheitswesen stellt die 1995 gegründete Health On the Net Foundation (HON) dar. Dieses in Genf angesiedelte Projekt, das sich um die Qualität und Verlässlichkeit von im Internet verbreiteten Gesundheitsinformationen kümmert, macht deren Nutzern medizinisch-wissenschaftliche Erkenntnisse zugänglich. Health On the Net versteht sich als non-profit international Swiss organization.

    In den Prinzipien von HON steht, dass alle auf der Website angelegten Informationen die existierende Arzt-Patienten-Beziehung lediglich unterstützt, aber nicht ersetzt. Medizinische und gesundheitsbezogene Ratschläge werden nur von medizinisch/gesundheitswissenschaftlich geschulten und qualifizierten Fachleuten erteilt; andere Information wird eindeutig als nicht von Fachleuten bzw. medizinischen Organisationen stammend gekennzeichnet. Ausgewogene wissenschaftliche Beweise sollen alle Angaben bezüglich des Nutzens und der Wirksamkeit einer bestimmten Therapie, eines kommerziellen Produktes oder Dienstes untermauern. Dies bedeutet, dass wissenschaftliche Erkenntnisse vor ihrer Veröffentlichung überprüft werden müssen, damit deren Glaubhaftigkeit garantiert wird. Ferner respektiert HON die Vertraulichkeit von Daten, die sich auf individuelle Patienten und Besucher von medizinisch/gesundheitsbezogenen Websites beziehen, einschließlich ihrer Identität, d. h. dass Patientendaten anonym behandelt werden.
    www.hon.ch/

    Aber reicht es aus, Daten und Informationen zur Verfügung zu stellen, um kranken Menschen die bestmögliche Behandlung zukommen zu lassen? Ist nicht vielmehr der Verbund von Informationen und die praxisnahe Zusammenarbeit internationaler Behandlungsteams in aller Welt ein zukunftsfähiges Modell aller am Genesungsprozess des Patienten beteiligten Experten?

    Virtuelle Operationssäle - ein Beispiel für internationale Zusammenarbeit aus der Praxis:

    Das Bereitstellen von Patienteninformationen über eine hausinterne Datenautobahn, die von verschiedenen Stellen innerhalb und außerhalb der einzelnen Kliniken abgerufen werden können, lässt sich mittlerweile durch virtuelle Operationstechniken ergänzen. Bei Gehirnoperationen ist beispielsweise der Neurochirurg am Tag vor der Operation in der Lage, alle Daten des Patientengehirns aus einem `Radiologie-Informations-System` abzurufen. In diesem System sind die Schichtröntgen (CT)-Bilder und die Aufnahmen der Magnetresonanztomografie (MRT) digital abgespeichert. Der Operateur gibt die gewonnenen Daten in die entsprechende Software, dem `Operations-Planungs-System`, ein.

    Der Operateur spielt zunächst den Eingriff im `Operations-Planungs-System` vor dem Computer durch. Er sitzt vor dem Bildschirm, der dreidimensional das Gehirn zeigt, und arbeitet sich in zwei Millimeterschritten mittels Maustaste zum erkrankten Gewebe im Gehirn vor. Dadurch kann er planen, wie er bei der OP am besten zu der angepeilten Raumforderung, z. B. einem Tumor, gelangt, um am wenigsten Hirngewebe zu schädigen. Der Computer speichert die einzelnen am Bildschirm simulierten Operationsschritte. Am Tag der Operation liegen sie im OP-Computer bereit. Eine Infrarotkamera misst während der Operation die Winkel und Entfernungen nach, und navigiert so den Chirurgen über ein an den Computer angeschlossenes Mikroskop zu dem Tumor. Er muss dazu nicht einmal im OP-Raum selbst sein. Virtuelle Operationen lassen sich von überall auf der Welt mit digital vernetzten Systemen, der entsprechenden Software und den Eingriff unterstützenden Robotern durch Mediziner planen, simulieren und durchführen, vorausgesetzt das entsprechende Wissen für die Bedienung ist vorhanden.

    Neuartige Medizintechniken sollen in Zukunft Menschen mit gebrochenen Knochen, kranken Organen oder anderen Leiden Hilfe bringen. Dabei wird deutlich, wie stark mittlerweile relativ medizinferne Berufszweige wie Ingenieure, Physiker, Biotechnologen und Softwareexperten die künftigen Arbeitsfelder in Praxis, Labor und Klinik mitgestalten.

    Digitale Aus-, Fort- und Weiterbildung in der Medizin:

    Derzeit entsteht auf dem Gelände des Universitätsklinikums Benjamin Franklin der Freien Universität Berlin ein 3200m² großes, hochmodernes digitales Sendestudio. Dort soll eine nachhaltige Verbesserung von Aus-, Fort- und Weiterbildung in den Berufen des Gesundheitswesens durch die systematische und umfassende Einbindung multimedialer Produktionen in den Klinikalltag erfolgen. Der innovative Einsatz neuer Medien und moderner Informationstechnologien unter Mitwirkung europäischer und internationaler Experten in den jeweiligen Fachgebieten zielt auf die Etablierung eines europäischen Kompetenzzentrums für `Continuing Medical Education`, eines in den USA angesiedelten medizinischen Informationsnetzes, ab.

    Es ist heutzutage ohne neue Informations- und Kommunikationstechnologie kaum noch möglich, medizinische Informationen zeitgerecht und entscheidungsrelevant zu selektieren. Nicht nur in Banken, Versicherungen, Telekommunikationsunternehmen und Verlagen kommen bislang digitale Informationsverteiler, sogenannte Workflowmanagement-Systeme zum Einsatz.

    Jedoch kann theoretisches Lernen mittels digitaler Technologie allein oder eine leistungsfähige Datenbank zur Entscheidungsunterstützung nicht die ärztliche Erfahrung und Kompetenz ersetzen. Hier sind ganzheitliche Ansätze, d. h. eine Kombination von Information und praktischer Anwendung des gespeicherten Wissens eine gelungene Investition in die Zukunft.

    Global Health Care in the Information Age:

    Seit einiger Zeit befassen sich deshalb Wissenschaftler und Mitarbeiter der internationalen Quintessenz-Verlagsgruppe und des Berliner Tochterunternehmens MEDLIVE mit ganzheitlichen Ansätzen zur Adaptation innovativer Organisations- und Kommunikationsstrukturen für die Medizin. Ziel ist dabei, die Entwicklung umfassender Wissensmanagement-Systemen in der Medizin voranzutreiben. Im Rahmen diverser Teilprojekte innerhalb der Zahnmedizin wurden verschiedene modulare und vernetzbare Bausteine entwickelt, die sich synergetisch zusammenfügen lassen. Durch Satelliten TV und Internet bietet MEDLIVE in Zusammenarbeit mit anerkannten nationalen und internationalen Kompetenz- und Wissensträgern eine führende Plattform für die qualifizierte und strukturierte Fortbildung in der Medizin und Zahnmedizin. Die MEDLIVE International Online Academy beispielsweise hat als das deutsche Leitprojekt ihre internationale Kompetenz im Rahmen der Initiative der G8-Staaten `Global Health Care in the Information Age` erfolgreich nachgewiesen.

    Die internationale Bedeutung des Projektes wird durch seinen Status als eines von zehn Leitprojekten der G8-Staaten in der Sektion Medizin im Rahmen der Initiative `Information Society` hervorgehoben. Nach erfolgreichem Abschluss des Testbetriebs werden bis Ende 2001 etwa 120 Universitäten in Europa angeschlossen sein, so dass zukünftig live in den Hörsaal gesendet werden kann. Weltweit wird ein medizinisches Korrespondentennetz für das MEDLIVE-Portal aufgebaut.

    Mit einem wöchentlich ausgestrahlten vierstündigen Programm mit sechs Sendeformaten für Praxis, Klinik, Labor und Industrie unterstützt MEDLIVE interaktiv den Wissens- und Informationsaustausch und trägt damit zu medizinischen Fortbildungen bei. Live-Operationen, Expertenhearings, eine Video-Library, spezielle Programme für die zertifizierte Fortbildung, Industrie- und Pharma-Produktschulungen und eine Nachrichtensendung aus der Welt der medizinischen Wissenschaft, Forschung und Lehre sind geplante Inhalte des Auftritts.

    Ausblick:

    Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die technische Entwicklung der vergangenen Jahre die Welt einer schier unendlichen Reizüberflutung ausgesetzt hat. Informationen werden tagtäglich durch die Printmedien, dem Radio, dem Fernsehen und seit geraumer Zeit dem Internet verbreitet. Sicherlich birgt die Bereitstellung von Wissen und Information immer die Gefahr des Missbrauchs. Jedoch kann andererseits ein verantwortungsbewusster Umgang mit hoch sensiblen medizinischen Daten Menschen mit unheilbaren Krankheiten wie Krebs oder HIV Hilfe und damit Linderung bzw. Heilung bringen. Die häufig beklagten Abstimmungsprobleme zwischen den unterschiedlichen Institutionen in der Medizin sind auf Kommunikationsschwierigkeiten, Medienbrüche, fehlende Schnittstellen, und mangelnde Verzahnung des stationären und ambulanten Sektors zurückzuführen. Das Zusammenspiel von Wissen und Erfahrung einzelner Experten wie Mediziner und Techniker und deren gemeinsame Suche nach Lösungen ist ein wichtiger Schritt in eine aufgeklärte, moderne und somit bessere Welt. Virtuelle Experten communities sind ein wertvoller Beitrag für die nahe Zukunft geworden. Es ist in diesem Zusammenhang wichtig, Möglichkeiten und Anreizsysteme zu fördern, Wissen und Forschungsergebnisse für alle Seiten gewinnbringend auszutauschen. Alle am Wissensaustausch Beteiligten müssen etwas davon haben, so dass ein dauerhafter Informationsfluss gewährleistet bleibt. Das Aushandeln von Verträgen und deren Einhaltung könnte z. B. eine Unternehmensberatung übernehmen
    www.flexible-unternehmen.de/kv0605.htm.
    Diese muss genau festgelegen, unter welchen Umständen und bis zu welchem Grad medizinische Forschungsergebnisse ausgetauscht werden. Es ist die Aufgabe aller am Prozess Beteiligter, diesen Informationsaustausch zu unterstützen und auszubauen.

    Weitere Links zu diesem Thema:

     

    www.3sat.de/3satframe.php3?url=http://www.3sat.de/nano/astuecke/12550/
    www.abendblatt.de/contents/ha/root/computer/040797/op.htm
    wwwipr.ira.uka.de/~megi/SEMINAR/SS_99/intraopsimulation.pdf
    www.medlive.de
    www.onkonet.com
    rhein-zeitung.de/on/00/02/08/topnews/robo.html
    cg.cs.tu-berlin.de/~kai/vrmed/node8.html
    www.yavivo.de/Medientipps/05Webguide/index.html
    www.hauptstadtkongress.de/kongr/Aerzteforum/aerzte-statements.htm
    www.d-velop.de/Home/menu/Loesungen/Branchen/Gesundheit-Dateien/epdb.htm
    www.yi.com/home/EysenbachGunther/praev/
    www.hon.ch/HONcode/
    www.i-kom.de/loesungen/workflowmanagement/
    www.abseits.de/communities.htm
    www.d-velop.de
    de.news.yahoo.com/010831/27/1wxu5.html
    www.flexible-unternehmen.de/kv0605.htm
    www.aerzteblatt.de/archiv/artikel.asp?id=25583

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