Vorgehensweise bei der Einführung von Wissensmanagement

    30. Mai 2003 von Dr. Bernhard von Guretzky

    Investitionen in das Wissensmanagement sind noch mit hohen Unsicherheiten verbunden; es ist ein relativ neues Thema, wobei die Auswirkungen noch nicht klar abzusehen sind und der Nutzen der Investitionen schwierig messbar ist. Umso mehr sind Vorgehensmodelle sinnvoll, um die Einführung des Wissensmanagement in Unternehmen zu einem überschaubaren Risiko zu machen. In diesem Papier wird ein Vorgehensmodell mit den entsprechenden Aktivitäten vorgeschlagen, das den Einstieg in das Wissensmanagement gerade für kleine und mittlere Unternehmen überschaubar machen soll.

    Der Begriff Wissensmanagement
    meint kein Software-Paket. Wissensmanagement
    beginnt noch nicht einmal mit der Technologie.
    Es beginnt mit Unternehmenszielen und
    Arbeitsabläufen und der Erkenntnis über die
    Notwendigkeit, Informationen auszutauschen.
    Bill Gates

    Problemstellung

    Im Software-Engineering gibt es eine ganze Reihe von Vorgehensmodellen für die Durchführung von Softwareprojekten wie etwa das Wasserfallmodell, das V-Modell, das Prototypmodell oder das Spiralmodell. Der Sinn solcher Modelle liegt in der Reduzierung der Komplexität von zunächst nicht überschaubaren Tätigkeiten, indem diese in einzelne Schritte mit wohldefinierten Endergebnissen (=> Geschäftsprozesse), den sog. Meilensteinen, gekoppelt an Fertigstellungstermine zerlegt werden. Diese Modelle strukturieren die Gesamtheit der Aufgaben durch abgegrenzte, überschaubare Projektabschnitte und machen dadurch die inhärente Komplexität nicht nur beherrschbar, sondern geben den am Projekt beteiligten Mitarbeitern Orientierung. Darüber hinaus definieren sie konkrete Methoden für alle Phasen des Projekts. Durch die Definition von Abbruchstellen an den Phasenübergängen den sog. Projektreviews reduzieren sie das Risiko der gesamten Projektabwicklung.

    Vorgehensmodelle sind also im wesentlichen Managementmodelle, denn nur durch die Zerlegung einer komplexen Aufgabe in klar abgegrenzte Bausteine erhält man einen überblick über den Stand der einzelnen Projektphasen wodurch Arbeitsteilung, Planung und Controlling, Kalkulier- und Planbarkeit sowie Validierbarkeit ermöglicht wird. Vorgehensmodelle ermöglichen somit Gestaltungsdimensionen und werden dadurch zu Erfolgsfaktoren im Unternehmen.

    Es ist daher sinnvoll, diese inzwischen im Software-Engineering fest verankerte Philosophie auf die Einführung von Aktivitäten des Wissensmanagements im Unternehmen zu übertragen. Dabei sind jedoch folgende Unterschiede zum Software-Engineering zu berücksichtigen:

    • Das Wissensmanagement berührt mehr "weiche" Faktoren wie Kommunikation und Arbeitsweise der Mitarbeiter und wirkt sich daher unmittelbar auf die Geschäftsprozesse im Unternehmen aus.
    • Erfahrungen mit dem Wissensmanagement im allgemeinen und mit den eingesetzten Vorgehensmodellen im besonderen liegen noch wenige vor.
    • Wissensmanagement ist - wie der Begriff richtig insinuiert - mehr eine Managementaufgabe als eine Ingenieursdisziplin.

    Dazu sei angemerkt, dass der Weg von der Softwareentwicklung (dem "Spaghettiprogramm") zum Software-Engineering (dem Ingenieursprodukt Software) überaus steinig war und oft immer noch ist, was sich in folgendem Zitat aus den achtziger Jahren niederschlägt: "Hätten wir Brücken und Häuser in derselben Manier gebaut, wie heute Software entwickelt wird, so wäre das das Ende der Zivilisation, wie wir sie kennen." Dies im Hinterkopf soll im folgenden versucht werden, ein Vorgehensmodell für die Einführung von Wissensmanagement im Unternehmen zu definieren. Das hier vorgeschlagene Modell wird vom Beratungsunternehmen m2 consulting bereits erfolgreich eingesetzt.

    Definition der Geschäftsprozesse

    Ein prozessorientiertes Wissensmanagement dient dem verbesserten Wissenstransfer zwischen und innerhalb der wertschöpfenden Arbeitsabläufe im Unternehmen, wodurch die Geschäftsprozesse selbst verändert werden. Man unterscheidet drei Typen von Geschäftsprozessen (siehe auch [1]):

    • Wertschaffende Kernprozesse tragen unmittelbar zur Bereitstellung des Angebotsportfolios - also zu den Produkten oder Dienstleistungen - des Unternehmens bei. Dazu gehören etwa F&E-Vorhaben, Produkttests oder die Bearbeitung von Kundenanfragen.
    • Unterstützende Prozesse sind für das reibungslose Funktionieren wertschaffender Kernprozesse unerlässlich. Dazu gehört etwa das Bereitstellen einer DV-Infrastruktur oder der Einkauf.
    • Managementprozesse steuern und koordinieren die anderen Prozesse und stellen somit in ihrer Gesamtheit das Funktionieren des Unternehmens sicher. Dazu gehören etwa alle finanziellen Bereiche angefangen von der Entlohnung der Mitarbeiter bis zur Sicherstellung des Gesamtbudgets, das Personalmanagement oder das Festlegen der strategischer Unternehmensziele.

    Bei der Einführung des Wissensmanagement sind all die das Unternehmen ausmachenden Geschäftsprozesse in ihrer Gesamtheit zu erfassen und möglichst detailliert zu beschreiben. Dazu gehören die einzelnen Arbeitsschritte, die involvierten Abteilungen, das zur Durchführung des Prozesses notwendige Wissen und die organisationalen Durchführungsbestimmungen. Wissen existiert im Unternehmen in Geschäftsabläufen, Informationssystemen, der Firmenkultur, den Dokumenten in Form von explizitem Wissen und den Köpfen der Mitarbeiter in Form von impliziten Wissen.

    Aus den in den Managementprozessen abgeleiteten Unternehmenszielen lassen sich die Gebiete definieren, in denen Fähigkeiten aufgebaut werden müssen. Sie geben den Aktivitäten des Wissensmanagements die strategische Richtung. Umgekehrt können sich die daraus abgeleiteten Wissensziele über zu verteidigende und auszubauende Kernkompetenzen im Unternehmen auch als künftige Konstanten der Unternehmensstrategie erweisen (siehe auch [2]). Ein (Geschäfts-) prozessorientiertes Vorgehen ist Voraussetzung dafür, die Aktivitäten des Wissensmanagements in die Arbeitsabläufe zu integrieren und den Innovationsprozess unter Einhaltung vorgegebener Qualitätsstandards zu unterstützen. Zur Umsetzung eines solchen Vorgehens sind folgende Faktoren erfolgskritisch:

    • Die Implementierung eines Arbeitsablaufs zum Prozessmanagement in das Unternehmen ("Wer macht wann was?").
    • Es müssen Rollen und Verantwortlichkeiten festgelegt werden.
    • Es muss eine langfristige änderung der Unternehmenskultur (im Hinblick auf Prozessbewusstsein) stattfinden.
    • Alle Mitarbeiter müssen dementsprechend informiert und geschult werden.

    Diese Maßnahmen dienen der unternehmensinternen Transparenz, was letztendlich zu geringerem Abstimmungsaufwand bei änderungen führt und damit generell die Projektlaufzeiten verkürzt.

    Geschäftsprozesse erfordern die Durchführung von Wissensaktivitäten, denn Wissen entsteht in Geschäftsprozessen und wird von ihnen benutzt. Aktivitäten des Wissensmanagement können demnach auch als Geschäftsprozesse betrachtet werden; man spricht dann von Wissensprozessen. Das bedeutet, dass jede Aktivität in diesem Prozess als Wissensaktivität betrachtet und einem Wissenstyp wie "Wissen erwerben", "Wissen entwickeln", "Wissen verteilen", "Wissen bewahren", "Wissen nutzen" oder "Wissen bewerten" zugeordnet werden kann. Wissensprozesse können demnach als Folgen von Aktivitäten betrachtet werden, durch die Wissen erworben, entwickelt, verteilt, bewahrt, genutzt und bewertet wird (siehe auch [3]). Die Kombination von Geschäftsprozessen mit den Aktivitäten des Wissensmanagement erfordert die folgenden Aufgaben und muss sich in entsprechenden Dokumenten niederschlagen:

    • Definition wissensintensiver Aktivitäten,
    • Definition der Wissensarten und der Form, in der das Wissen vorliegt,
    • Definition der Wissensträger,
    • Analyse der Wissensflüsse (innerhalb und zwischen Prozessen und Personen,
    • Modellierung von Wissensprozessen,
    • Zuordnung von Wissensprozessen zu Geschäftsprozessen und
    • Definition von Wissensstrukturen

    Darüber hinaus gibt es noch ganz praktische Gründe, warum Wissensmanagement mit Geschäftsprozessmanagement kombiniert werden sollte, denn beides ist aufwendig, da es alle Aktivitäten des Unternehmens betrifft, sie orientieren sich an strategischen Unternehmenszielen und erfordern teilweise die gleichen Analysetätigkeiten, wobei meist dieselben Personen und Dokumente involviert sind.

    Vorgehensweise bei der Einführung des Wissensmanagements

    Da Wissensmanagement sich an der Optimierung der Geschäftsprozesse messen lassen muss, sind es die "Prozessowner", die neben der Geschäftsführung das Thema forcieren müssen. Daher sind mit beiden Gruppen Interviews zu führen, deren Ergebnisse in eine Kurzanalyse fließen (Aufwand ca. 1-4 Mannwochen). Darauf aufbauend erfolgt die Erstellung eines Sollkonzepts zum Thema Wissensmanagement (Aufwand ca. 1-3 Mannmonate, wobei die genannten Aufwände nur grobe Richtlinien sein können und natürlich vom Projektumfang abhängen) gegebenenfalls mit einem anschließenden mehrtägigem Workshop für die betroffenen Personen. Dabei müssen Antworten auf folgende Fragen erhalten werden:

    Warum soll Wissensmanagement überhaupt eingeführt werden?

    Was soll mit Wissensmanagement verbessert werden?

    Welche Prioritäten (Ziele oder Veränderungen) werden gesetzt?

    Wer soll systematisch Wissen aufbauen und austauschen?

    Wie wird bereits Wissen generiert und ausgetauscht?

    Wem wird durch die Einführung des Wissensmanagements auf die Füße getreten?

    Im einzelnen fallen folgende Aufgaben mit den zugehörigen Meilensteinergebnissen an:

    1. Es muss unter Berücksichtigung der spezifischen Unternehmenssituation ein Detailkonzept für das Vorgehen erstellt werden. Dazu muss eine geeignete Nutzergruppe und die dazu passenden Wissensbereiche bestimmt werden, mit der das Projekt starten soll. Kriterien sind beispielsweise eine niedrige fachliche Komplexität des Wissensbereichs, ein hoher strategischer Nutzen (Produktivitätszuwachs in festgelegten Bereichen, Verbesserung der Kundenorientierung, erhöhte Planungssicherheit u.ä.), eine hohe Projektakzeptanz im Unternehmen oder eine ausreichende Verfügbarkeit von geeigneten Ansprechpartnern sein.

    2. [Ergebnis: Kurzanalyse: Projektbeschreibung, Potenzanalyse (ROI)]

    3. Die Einführung von Wissensmanagement umfasst im wesentlichen redaktionelle und analysierende Tätigkeiten, wobei folgende Rollen besetzt worden müssen, die - je nach Komplexität - teilweise von ein und derselben Person wahrgenommen werden kann:
      • Der Teamleiter definiert die Wissensziele und verantwortet die Projektplanung, die Abnahme sowie das methodische Vorgehen. Dazu gehört das Erstellen eines Detail-Projektplans mit definierten Meilensteinen. Darüber hinaus koordiniert er die Zusammenarbeit innerhalb des Projektteams und nach außen mit den Nutzern.
      • Der Analyst gliedert die Themenbereiche, ermittelt und strukturiert das dafür relevante Wissen und definiert die Metadaten. Er konzipiert darüber hinaus die technische Plattform und erstellt das Datenmodell
      • Der Dokumentator oder das Redaktionsteam ist für die konsistente Formulierung der Wissensinhalte und die Einhaltung der Qualitätsstandards zuständig.
      • Fachspezialisten stehen dem Analysten und Dokumentator zur Verfügung, um über die fachlichen Hintergründe zu informieren.
      • Der Systemanalyst stellt die IT-Plattform bereit, auf der die Wissensinhalte veröffentlicht werden.

      [Ergebnis: Definition der Wissensziele, Festlegung der Projektorganisation]

    4. Vorhandene Informationsquellen müssen gesichtet und verfügbar gemacht werden. Die Auswertung erfolgt unter Zuhilfenahme von expliziten Wissensquellen wie Datenbanken u.ä., um eine Grundmenge an relevantem Wissen zu erhalten. Diese Tätigkeiten fördern den dokumentenbasierten Wissensaustausch, und unterstützen damit insbesondere anspruchsvolle Routinearbeiten.
    5. [Ergebnis: Wissenslandkarten, die einen zentralen Bestandteil der Analysephase bilden.]

    6. Ein Schwerpunkt eines jeden Wissensmanagementsystems ist die Explizierung impliziten Wissens, d.h. es sind Befragungen von Experten durchzuführen und die Ergebnisse in Form von Lessons Learnt zu dokumentieren. Dazu gehört auch die Identifizierung der Know-how-Träger etwa in Form von Gelben Seiten. Diese Tätigkeiten fördern den interpersonellen Wissensaustausch und unterstützen damit insbesondere innovative und kreative Tätigkeiten. Hierzu dienen auch Workshops mit kompetenten Wissensträgern, in denen die für andere Mitarbeiter hilfreichen Erfahrungen dokumentiert werden. In der Nachbearbeitung werden aus den Gesprächsprotokollen präzise Einzelaussagen formuliert, Redundanzen beseitigt, Widersprüche geklärt, offene Punkte aufgedeckt und bearbeitet.
    7. [Ergebnis: Gelbe Seiten, Lessons Learnt, best Practices]

    8. Um das Verteilen von Wissen zu fördern sind die "Trampelpfade" des Wissensaustausches möglichst zu belassen, aber ans Licht zu bringen, um sie dadurch transparent und gestaltbar zu machen. Dazu gehört die Entwicklung von Nutzerprofilen, eine Analyse der internen Kommunikationsprozesse sowie die Identifizierung der kritischen Informationsbedarfe für die Beteiligten einer Wissensgemeinschaft. Diese Tätigkeiten dienen insbesondere dazu, die Barrieren des Wissenstransfer aufzudecken.
    9. [Ergebnis: Beschreibung des Wissensflusses]

    10. Basierend auf den Wissensinhalten und den aus den Wissenszielen abgeleiteten Nachfragemustern der Benutzer ist eine Ordnungs- und Navigationsstruktur für die Präsentation der Wissensinhalte zu definieren. Dazu gehört gegebenenfalls auch die Einbindung von Such- und Analysewerkzeugen über die ein Zugriff auf interne und externe Wissensquellen ermöglicht wird.
    11. [Ergebnis: Beschreibung der Wissensprozesse; die Summe der Ergebnisse aus (2) bis (6) ergibt das Sollkonzept wobei die Grob- und Detailerhebung von wissensintensiven Prozessen und deren Modellierung die Grundlage dieses Konzepts bildet.]

    12. Beim Einsatz von spezifischen WM-Werkzeugen erfolgt eine Pilotierung für die spezifizierte Anwendung, wobei folgende Tätigkeiten anfallen:
      Die DV-technische Plattform, sowie Zugriffsrechte, Archivierungsstrategien, Performanzvorgaben, Benutzeroberflächen und der Workflow sind zu spezifizieren. Bezieht sich das Thema des zu schaffenden Wissensmanagementsystems auf über das Unternehmen verstreute Einheiten, so erzwingt das möglicherweise die Integration mit anderen Informationssystemen und Datenstrukturen.
    13. [Ergebnis: IT-Konzept]

    14. Auf der Grundlage der funktionalen wie nicht-funktionalen Eigenschaften des Wissensmanagementsystem kann das Redaktionssystem zur Speicherung der Wissensobjekte ausgewählt und implementiert werden.
    15. [Ergebnis: Implementierung]

    16. Die Pilotierung und Bereitstellung des ersten Release dient neben der Ausmerzung eventueller Fehler vor allem dazu, das System zu bewerben und für eine breite Akzeptanz beim Auftragnehmer zu sorgen. Dies geschieht durch Einbinden sowohl der Multiplikatoren im Unternehmen als auch durch Schulung einer breiten Nutzerschicht, um die Einstiegsschwelle der Mitarbeiter zu minimieren.
    17. [Ergebnis: Einführung und Schulung]

    18. Da ein Wissensmanagementsystem nie "fertig" sein wird, ist eine Verstetigung der Wissensprozesse etwa durch eine organisierte kontinuierliche Mitarbeit der Nutzer notwendig. Durch ein Monitoring des Nutzerverhaltens lassen sich Schwachstellen mit der Zeit ausmerzen. Um die Aktualität der Wissensobjekte zu gewährleisten, ist zudem ein ständiges Update notwendig. Ziel dabei ist es, dass das System von seiner Nutzern verbessert und gepflegt werden kann.

    Dieses Vorgehen beinhaltet also die übliche Abfolge der Projektarbeit Analyse - Konzeption - Umsetzung mit Berücksichtigung des strategischen und wirtschaftlichen Nutzens, der Anpassung bzw. Veränderung der Führungs- und Kommunikationskultur im Unternehmen, der Integration der Wissensinhalte in die relevanten Geschäftsprozesse und der Bereitstellung von Wissen, der Vernetzung der Experten und dem Einsatz geeigneter IT-Systeme. Folgende Fehler bei der Einführung des Wissensmanagements sollten dabei vermieden werden:

    • fehlender Bezug zu den strategischen Unternehmenszielen
    • fehlende Unterstützung der Führungsebene des Unternehmens und unklare Zuständigkeiten
    • ungenügende Honorierung der Beiträge einzelner Mitarbeiter
    • ein zu weit gefasstes Vorhaben
    • Konzentration auf Tools und weniger auf die wissensrelevanten Inhalte und kommunikativen Bedarfe der betroffenen Personen
    • falsche Erwartungen infolge ungenügender Bezugsgrößen
    • Zentralisierung der Wissensmanagementaufgaben, denn Wissen lässt sich nicht zentral zu verwalten, etwa um damit Kontrolle auszuüben.
    • Vernachlässigung der kulturellen und organisationalen Eigenheiten

    Um den Beteiligten die Mitarbeit schmackhaft zu machen, taugen Anreizsysteme nur als Initialzündung in Art eines Strohfeuers. Langfristig sind die Mitarbeiter davon zu überzeugen, dass sie ihr Wissen so verarbeiten und weitergeben, dass es im Sinne des Unternehmens ist. Das Motto "Verhalte dich lokal, entlohnt wirst du global", ist vielleicht ein Ansatz, der nicht nur im Privaten eine sinnvolle Verhaltensregel ist, sondern auch im Arbeitsumfeld zum Erfolg führt.

    Die Rolle des Wissensmanagers

    Bei der Einführung von Wissensmanagement im Unternehmen ist ein verantwortlicher Projektleiter notwendig, der in diesem Fall Wissensmanager genannt wird. Dabei hat der Wissensmanager weniger mit dem Aufbau und der Operation einer IT-Infrastruktur zu tun als mit den beteiligten Personen einer Wissensgemeinschaft, deren Kommunikationsverhalten er mit gestalten muss, etwa durch die Förderung des Wissensaustauschs im Unternehmen oder durch den Aufbau von Wissensnetzwerken. Er ist der Visionär für den Einsatz des Wissensmanagement (siehe auch [4]), wobei er nicht nur bei der Gestaltung einer passenden Unternehmenskultur beteiligt ist sondern auch bei der Integration des Wissensmanagement in die Unternehmensorganisation.

    Der Wissensmanagers ist weder Administrator noch Verwalter des Wissens, vielmehr muss er motivieren, mit Widerständen umgehen können und auch in der Lage sein, sich gegenüber Führungskräften zu behaupten. Sein Erfolg hängt an seiner persönlichen Glaubwürdigkeit und an seiner Redlichkeit, wie er mit dem geistigen Eigentum anderer umgeht. Neben einer ausgeprägten Fähigkeit zu Analyse, Kommunikation und Durchsetzungsvermögen, braucht er gute Kenntnisse der Organisation und des geschäftlichen Umfeldes. Ohne ein gutes Standing im Unternehmen, Geduld und Humor wird er wenig Chancen haben, die Widerstände gegen Veränderungen brechen zu können. Neben den schon erwähnten Rollen des Analysten und Strategen muss er ebenso gut auch den Lobbyisten und Projektleiter spielen können.

    Benchmarking

    Ein Weg, den Unternehmen zunehmend gehen, um sich ein Bild über die eigene Leistungsfähigkeit zu machen, ist der systematische Vergleich der eigenen Fähigkeiten mit denen der Konkurrenz. Dabei sind best practices zu identifizieren, in denen das Unternehmen den anderen Konkurrenten überlegen ist. Wie im Privaten die Spiegelung durch Außenstehende oft schmerzhaft ist, aber wegen ihrer Objektivität sehr viel erfolgreicher als das, was man selbst über sich zu wissen glaubt, so unterstützt das sog. Benchmarking ("Lernen vom Mitbewerber") die systematische Suche nach Fähigkeitslücken gegenüber der Konkurrenz. Es nimmt einen immer wichtiger werdenden Platz unter den Managementtechniken ein, um verkrustete Unternehmensstrukturen aufzudecken, Optimierungsmöglichkeiten von Geschäftsprozessen aufzuzeigen oder Entscheidungsunterstützung bei Fragen der strategischen Ausrichtung von Unternehmen geben.

    Es ist daher sinnvoll, das Benchmarking nicht nur als Anlass und Hilfsmittel zur Identifizierung neuer Wissensquellen einzusetzen, denn der Erfolg eines Unternehmens basiert ja auf der Fähigkeit zur zielgerichteten Veränderung, wobei die Barrieren des Nicht-Könnens und des Nicht-Wollens zu überwinden sind. Die Einführung des Wissensmanagement im Unternehmen dient der Überwindung der ersten Barriere, während letztere doch eher schwer zu handhaben ist. Benchmarking sollte darüber hinaus auch dazu dienen die eigenen Aktivitäten bei der Einführung des Wissensmanagements kritisch zu begleiten, wobei eine Wissensbilanz die Aufwände aufführen muss, die für den Ersatz vorhandener Mitarbeiter anfallen. Sie ist Grundlage für eine spätere Beurteilung des ROI für die WM-Aktivitäten.

    Um die Situation im eigenen Umfeld zu beurteilen zu können, ist es sinnvoll sog. Reifestufen beim Einsatz des Wissensmanagements im Unternehmen zu definieren, wobei sich die folgenden Klassifizierungen anbieten:

    • Die Aktivitäten des Wissensmanagements sind eher unsystematisch und zufällig.
    • Es gibt isolierte Pilotanwendungen zum Thema Wissensmanagement.
    • Geschäftsprozesse sind zu Wissensprozessen geworden, d.h. das Erwerben, Nutzen, Weiterentwickeln, Verteilen und Bewahren von Wissen ist definiert.
    • Diese Wissensprozesse sind im ganzen Unternehmen eingeführt.
    • Das Wissensmanagement wird kontinuierlich und selbstorganisiert in allen Bereichen des Unternehmens fortentwickelt.

    Es ist klar, dass die durch den letzten Punkt beschriebene Situation, anzustreben ist.

    Links

    [1] Kulicke et al: "Innovationsmanagement in jungen Biotechnologieunternehmen"; www.isi.fhg.de/ir/download/leitfaden-jtu.pdf

    [2] B. v. Guretzky: "Schritte zur Einführung des Wissensmanagements: Definition und Bewertung von Wissenszielen"; http://www.community-of-knowledge.de/beitrag/schritte-zur-einfuehrung-des-wissensmanagements-definition-und-bewertung-von-wissenszielen-teil/

    [3] B. v. Guretzky: "Wissen aus IT-Projekten für das Unternehmen nutzen"; http://www.community-of-knowledge.de/beitrag/wissen-aus-it-projekten-fuer-das-unternehmen-nutzen/

    [4] B. v. Guretzky: "Der Wissensmanager"; http://www.community-of-knowledge.de/beitrag/der-wissensmanager/

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