Wissensmanagement und Personalmanagement

    28. Februar 2002 von Dr. Bernhard von Guretzky

    Technische Lösungen sind eine Notwendigkeit für das Wissensmanagement. Dennoch müssen die Wissensträger im Zentrum stehen. Wie kann ein modernes Personalmanagement dazu beitragen, wissensintensive Unternehmen "koalitionsfähig" im inneren wie nach außen zu machen und welche Möglichkeiten gibt es, die Mitarbeiter in den Prozess der Wissensbildung einzubeziehen und zu motivieren?

    Like many machines of the smokestack era
    our intellectual tools too, are ready for the museum.
    Alvin Toffler

    Problemstellung

    Der ehemalige Vorstandsvorsitzende des amerikanischen Mischkonzern General Electric, "Neutronen" Jack Welch sagte bei der Amtsübergabe an seinen Nachfolger Jeffrey Immelt: "Unsere wahre Kernkompetenz ist heute nicht mehr in der Produktion oder im Dienstleistungssektor, sondern vielmehr in der globalen Rekrutierung und Förderung der weltbesten Mitarbeiter und der Kultivierung eines unersättlichen Wollens in ihnen, stetig dazuzulernen, sich immer höhere Ziele zu setzen und Dinge jeden Tag noch besser zu tun."

    Diese von den Chefs des weltweit wertvollsten Unternehmens gemachte Aussage verdeutlicht die radikale Abkehr vom traditionellen Bild, dass die meisten Menschen Abscheu vor der Arbeit haben und nur durch entsprechende Entlohnung bei der Stange gehalten werden. Erst wenn Mitarbeiter das Gefühl haben, zu sinnvollen, ja auch ethischen Zielen beizutragen und dabei Anerkennung und Wertschätzung erfahren, sind sie willens, ihre Fähigkeiten im Sinne des Unternehmens voll einzusetzen. Der Wunsch nach Selbstentfaltung, gerade auch am Arbeitsplatz, setzt kreative Potenziale frei und motiviert zu Arbeitseinsatz und Lernbereitschaft.

    Die Umsetzung eines solchen selbstbestimmten Menschenbildes in passende Führungsmodelle, das die Anlagen und Qualitäten der Mitarbeiter nutzt und eine Atmosphäre des Austauschs und Lernens schafft, obliegt dem Personalmanagement. Das bedingt auch einen Wandel des bislang meist technologielastigen Wissensmanagements, dessen Fokus im Aufbereiten und Verteilen von explizitem Wissen liegt. Die technologische Basisinnovation dieser "ersten" Stufe des Wissensmanagements ist HTML, das durchaus als der erfolgreichste Versuch einer Demokratisierung des Wissensbestandes seit Gutenberg angesehen werden kann. Die "zweite" Stufe konzentriert sich auf eine eher prozessorientierte Vorgehensweise, die Fragen des Personalmanagements ausdrücklich mit einbezieht. Dabei liegt der Schwerpunkt im Schaffen von Rahmenbedingungen für "lernende Organisationen", in der Bildung von "Communities" und Beziehungsnetzen zur Pflege und Entwicklung des verborgenen, im Stillen schlummernden (=tacit) Wissens.

    Der Wandel des intellektuellen Kapitals

     

    Das in einem Unternehmen verfügbare und nutzbringende Wissen wird als Intellektuelles Kapital bezeichnet, das in die Bereiche Human- und Strukturkapital unterteilt ist. Das Strukturkapital beinhaltet das Kunden- und das Organisationswissen, mitsamt den Strukturen, Routinen, Informationssystemen, Kundenbeziehungen, Patenten etc. die im Unternehmen - unabhängig von den Mitarbeitern - vorhanden sind, während zum Humankapital alles Wissen und alle Fähigkeiten der Mitarbeiter des Unternehmens gehören. Dabei wird der Mitarbeiter zunehmend zum Träger der Kernkompetenzen im Unternehmen. Dieser Wechsel vom Struktur- zum Humankapital bedeutet, dass die Know-how-Träger frühzeitig zu identifizieren und zu fördern sind.

    Kein Unternehmen kann sich dauerhaft auf den preislichen oder technischen Vorteilen seines Produktangebots - den sog. unique selling points - ausruhen. Nur die Schnelligkeit, mit der Mitarbeiter lernen und das erlernte Wissen in Produkten und Dienstleistungen wieder einsetzen, sichert die Position eines Unternehmens im Wettbewerb oder in amerikanischer Manier auf den Punkt gebracht: "To win big, learn fast." Weiterbildung erhält damit eine strategische Bedeutung und wird zu einem Erfolgsfaktor für das Erreichen der Unternehmensziele.

    Dabei wird die Lernkurve durch die langsamen und nicht durch die begabten Mitarbeiter bestimmt. Eine Lernkultur muss gepflegt und gefördert werden, wobei folgende Punkte mit einfließen können:

    • Aus Fehlern lernen, kann heißen, dass die falsche Antwort vielleicht im Kern eine richtige Antwort auf ein anderes Problem beinhaltet. Fehler sind wichtig, müssen dokumentiert werden (Lessons Learnt) und bieten - wie im "richtigen Leben" - exzellente Möglichkeiten des Lernens.
    • Wachstum und (technologischer) Fortschritt beschreiten selten vorher definierte Wege, sondern entwickeln sich nach eigenen Gesetzen. Bürokratische Strukturen wie Hierarchie, festgelegte Arbeitszeiten oder bestimmte Arbeitsweisen sind dabei hinderlich. Kreativität hat nichts mit Technologie zu tun sondern mit Verstand und Gefühl. Die genialen Einfälle passieren oft spontan unter der Dusche, im Taxi, beim Kaffeeklatsch oder beim Anhören langweiliger Vorträge.
    • Innovation verlangt Einsatz und Hingabe. In einem Klima von Mißtrauen, Mißgunst und Neid wird kaum jemand dazu bereit sein. Nur mit Vertrauen im Hintergrund wird eine entspannte Atmosphäre geschaffen, in der sich Kreativität und Innovation ihren Weg bahnen können. Vertrauen der Mitarbeiter untereinander und zu ihren Vorgesetzten verstärkt das Gefühl der Zusammenarbeit und ermutigt dazu, ungewohnten Ideen zu folgen.
    • Wissen muss geteilt, angeboten und vermarktet werden, damit es an anderer Stelle wieder verwendet wird. Sonst wird es sehr schnell wertlos, denn wer sein Wissen nicht verkaufen kann oder will, der hat wahrscheinlich überhaupt keines.
    • Freude beim Lernen und bei der Arbeit ist - wie schon jeder Pennäler weiß - deren Motor. Das Lachen der Menschen ist ein Barometer für den inneren Zustand der Mitarbeiter und deren Fähigkeit, sich selbst, ihre Ideen und Gedanken auszudrücken. Diese Freiheit muss jedem gegeben werden.

     

    Wer im Unternehmen ist nun für diese "weichen" Faktoren zuständig, wer gibt die Richtung vor und wer setzt sie um? Neben Vorstand bzw. Geschäftsführung ist das das Personalwesen, das in Konzernen nicht ohne Grund auf Vorstandsebene angesiedelt ist und bei kleineren Unternehmen bis auf die operativen Aufgaben von der Geschäftsführung übernommen wird. So wird (Weiter-) Bildung zu einer Managementaufgabe und beinhaltet das Gestalten und Steuern von persönlichen, betrieblichen, sozialen und organisatorischen Entwicklungs-, Qualifizierungs- bzw. Lernprozessen.

    Personalmanagement

     

    Ein den Anforderungen der Marktdynamik gerecht werdendes Wissensmanagement basiert auf der Lernbereitschaft auf individueller und organisationaler Ebene im Unternehmen, die wiederum ganz wesentlich von der der einzelnen Mitarbeiter abhängt. Daraus ergeben sich fundamentale Ansprüche an ein modernes Personalmanagement (human resources management: HRM), das kaum mehr etwas gemein hat mit der verwaltenden Personalabteilung alter Prägung, die oft schon mit dem "Führen der Personalakte" oder der korrekten Ermittlung des Gehalts samt Reisekosten überfordert ist. Die operativen Aufgaben des Personalmanagement sind:

    • Personalbereitstellung: Bedarfsplanung, Beschaffung, Einsatz, Entwicklung und Freisetzung
    • Personalförderung: Führung und Entlohnung
    • Personalwirtschaft: Beurteilung und Verwaltung

     

    Der Unterschied zwischen der bisherigen, primär verwaltenden Personalverwaltung und dem Personalmanagement heißt jedoch, dass Humankapital mehr als Produktionsfaktor denn als Kostenfaktor betrachtet wird. Daraus ergibt sich, dass die passende Rekrutierung von Mitarbeitern und die Ausgaben für Weiterbildung Investitionen sind, die dem Organisationswissen des Unternehmens dienen, dessen Schicksal immer stärker davon abhängt, effektiv und effizient Kompetenzen zu entwickeln.

    Diese Fokussierung auf das Humankapital bedeutet für das Personalmanagement, dass es Partner bei der Umsetzung der Unternehmensstrategie wird und sich daher auch an dem Wertbeitrag zum Unternehmenserfolg messen lassen muss. Dies funktioniert jedoch nur, wenn der Status der Personal"verwaltung" abgelegt wird und HRM zum innerbetrieblichen Dienstleister wird, der eben effizient und effektiv zu arbeiten hat.

    Das Personalwesen muß dann selbst Wissensmanagement betreiben und Kompetenzzentren einrichten, die Auskunft über innerbetriebliche Abläufe und für die Branche relevante wirtschaftliche und politische Entwicklungen erteilen. Dazu ist das entsprechende Wissen zu sammeln, aufzubereiten und in umsetzbarer Form in die Organisation einzubringen. Diese Funktion der Kulturbildung, der Definition von Wertesystemen und Festlegung von Spielregeln fördert das ganzheitliche Verständnis und das Zugehörigkeitsgefühl der Mitarbeiter im Unternehmen.

    Schließlich muß das Personalwesen ein Verfechter von Anliegen der Mitarbeiter werden, denn engagierte und sich unterstütztende Mitarbeiter tauschen Ideen aus, arbeiten härter und pflegen bessere Kontakte zu den Kunden. Dies erfordert natürlich einen Balanceakt zwischen Management und Mitarbeitern, der wohl nur gelingt, wenn das Personalwesen als Agent des Kulturwandels innerhalb des Unternehmens auftritt und dies gegenüber beiden Parteien vertritt. Personalmanagement kann daher als Gesamtheit aller Ziele, Strategien und Instrumente verstanden werden, die das Verhalten sowohl der Führungskräfte als auch der Mitarbeiter prägt.

    Die verfügbaren Fähigkeiten und Möglichkeiten der einzelnen Mitarbeiter sind möglichst genau mit den Aufgaben und Zielen des Unternehmens abzustimmen. In Anbetracht der immer kürzer werdenden Halbwertszeit des Wissens müssen sie permanent auf die neuen Herausforderungen am Arbeitsplatz zugeschnitten werden.

    Das Personalmanagement erlebt also auch einen Paradigmenwechsel: Denn wer den Mitarbeiter als wichtigste und wertvollste Ressource im Wertschöpfungsprozess sieht, muss den konzeptionellen und strategischen Unternehmenszielen dienen. Dies geht einerseits durch Dezentralisierung der operativen Aufgaben des Personalmanagement und andererseits durch Formulieren der Unternehmensphilosophie, den daraus abzuleitenden Wissenszielen und Mitwirken an deren Umsetzung und Evaluation der sozialen und wirtschaftlichen Folgen. Personalmanagement rückt damit aus der "Abteilungsecke" und wird zu einer strategischen Aufgabe der Geschäftsleitung.

    Personalführung in der Wissensgesellschaft

    Es ist ein Irrglauben, dass Wissen sich allein mit den Werkzeugen der Informationsverarbeitung managen lassen könnte. Denn von Gelben Seiten bis zum Wissensmanager wird nichts unversucht gelassen, dem Unternehmen eine meist schon veraltete Ressource zu sichern. Da das Verfallsdatum gerade von impliziten Wissen in vielen Bereichen bei nur wenigen Jahren liegt, wird das Unternehmen an den Erfolgen der Vergangenheit, an der Dokumentation dessen, was man einmal wußte, sicherlich kein großes Interesse mehr haben. Wissensmanagement heißt dagegen, das zu einem gegebenen Zeitpunkt in den Köpfen der Mitarbeiter befindliche Wissen für das Unternehmen nutzbar zu machen. Dabei geht es um die Bereitschaft, jenseits der vertraglichen Pflichten für das Unternehmen nützlich zu sein, um eigenverantwortliches Engagement, um Motivation und um die Lust am gemeinsamen Erfolg, an dem jeder seinen Anteil hat. Es geht um Vertrauen und Gruppenerfolg.

    Der übergang zur Wissensgesellschaft (siehe auch [4]) verändert die Art zu arbeiten: Büros mit festen Arbeitszeiten, ja selbst jahrelange feste Anstellungen werden einer "nomadenhaften" Arbeitsweise weichen, wo nicht mehr die Ausbildung über den beruflichen Erfolg entscheidet sondern das Portfolio der bislang erbrachten Tätigkeiten. Die immer noch strikte Trennung zwischen Frei- und Arbeitszeit wird in der Spaßgesellschaft aufgehoben. Arbeit und der Aufenthalt am Arbeitsplatz muss inspirieren und Freude machen. Das ist nicht nur eine Frage von Büromöbeln und begrünten Ruehzonen, sondern eher der Arbeitsplanung, der Arbeitsweise und Arbeitsatmosphäre. Die hierarchisch geprägten Autoritäts- und Motivationsstrukturen um Unternehmen weichen zwangsläufig in der Wissensgesellschaft Arbeitsbeziehungen, die sich auf Vertrauen und Austausch gründen (siehe auch Abschnitt 2). In diesem Zusammenhang wird auch die "Corporate Ethics" immer wichtiger, denn sie ist die einzige Konstante, über die sich Mitarbeiter mit ihrem Unternehmen noch identifizieren können. Sie beschreibt die Art und Weise, wie die Mitarbeiter eines Unternehmens untereinander und mit außenstehenden Personen wie Kunden oder Geschäftspartnern etc. umgehen. Wenn Unternehmen koalitionsfähig bleiben wollen, müssen sie diese Werte als Pfund, mit dem sich Wuchern läßt, verstehen. Corporate Ethics profilieren das Unternehmen auch kulturell, so dass es damit auch personale Züge erhält.

    Diese Bedingungen zu gestalten, Stätten innerbetrieblicher Begegnungen und des Erfahrungsaustauschs zu schaffen und der Gefahr der Isolierung des Einzelnen entgegenzuwirken, ist Aufgabe des Personalmanagement, wobei das Wissensmanagement hierbei der Optimierung sowohl der Zufriedenheit der Mitarbeiter als auch der Stakeholder dient. Mitarbeiter, die leichten Zugriff an das zur Aufgabenbewältigung nötige explizite wie implizite Wissen haben und vice versa für die Weitergabe ihres Wissen belohnt werden, haben i.A. bessere Erfolgsvoraussetzungen, diese Aufgabe schnell und qualitativ gut auszuführen. Dieser Vorteil wird sich nicht nur innerhalb des Unternehmens ausbreiten, sondern Einfluß auf Kunden und andere Stakeholder haben. Als Konsequenz dieser besseren Außenbeziehungen erhält das Unternehmen ein genaueres Feedback über den Markt und kann dadurch wiederum besser, kostengünstiger und schneller reagieren. Ein auf die Unternehmensziele ausgerichtetes Personalmanagement wird sich also der Mitarbeiterzufriedenheit verschreiben, um damit auch die Zufriedenheit externer Kunden zu erhöhen.

    Der Schaffung einer unternehmensinternen Wissenstransparenz ist daher eine wesentliche Aufgabe des Wissensmanagements, die vom Personalmanagement vorangetrieben werden muss. Denn welchen Sinn hat vorhandenes Wissen, dass nicht gerne eingebracht wird? Dies gelingt umso besser, je weiter der Kreis der Wissensträger gezogen wird. Der Facettenreichtum des Wissens bzw. die Unterschiedlichkeit seiner Träger sorgen für eine Verbreiterung der Wissensbasis im Unternehmen. Anders ausgedrückt bedeutet das, dass Innovation nicht auf ausgewählte Wissensträger beschränkt ist, sondern Sache all derer ist, die im weitesten Sinn die Möglichkeit haben, etwas zu verändern. Der Personaltransfer innerhalb des Unternehmens dient daher dem Aufbau einer gemeinsamen Wissensbasis. Das ist in der Tat ein Paradigmenwechsel, denn wer entscheidet über das "need to know"? Hier müssen gerade in hierarchisch organisierten Unternehmen Grenzen eingerissen werden; nicht nur Organisationsstrukturen müssen in Frage gestellt, sondern auch mutige Entlohnungssysteme eingeführt werden. Während Teamarbeit überall im Unternehmen hinsichtlich ihrer Leistungsorientierung befürwortet wird, sind Lohn- und Beförderungssysteme nach wie vor streng an der Leistung einzelner Mitarbeiter orientiert. Das Team erhält bestenfalls eine Belobigung, als Ganzes befördert wird es jedoch nie.

    Ein wesentliches Element dabei ist vom Personalmanagement zu gestalten, nämlich das Schaffen und Honorieren spezifischer Karrierepfade und die Rahmenbedingungen für einen individuellen Kompetenzaufbau. Wissensmanagement muss zum Karrierebeschleuniger werden, d.h. derjenige, der sich an exponierter Stelle für Wissensmanagement einsetzt, muss dafür belohnt werden. Dabei sind die Mitarbeiter nach ihrem Beitrag zur organsiationalen Wissensbasis zu beurteilen und Führungskräfte danach, was sie zur Förderung des Kompetenzaufbaus der Mitarbeiter beigetragen haben, was sich auch in der Frage niederschlägt, wie die Entwicklung vorhandener Professionen sichergestellt werden kann, also wie bildet sich ein Wirtschaftswissenschaftler fort, wie eine Sekretärin, wie das Management?

    Darüber hinaus geht es zum einen um den Aufbau von Lernstrukturen, optimiert etwa durch sog. Skill Management (siehe dazu etwa [7]), die der Förderung eines Wissensmarktes dienen. Ein solcher Wissensmarkt besteht aus Akteuren (Personen, Kompetenznetzwerken, Organisationseinheiten) und Medien (Prozesse und Informationsverarbeitung). Zum anderen ist es die Aufgabe einesmodernen Personalmanagements die "klassischen" Fähigkeiten vom Teamwork bis hin zur sozialen Kompetenz zu fördern.

    Schließlich sind auch die Zielvereinbarungssysteme für Mitarbeiter anzupassen; für jeden Wissensarbeiter müssen eindeutige und überprüfbare Wissensziele definiert werden, deren Erfüllungsgrad als Maßgabe für variable Vergütungsbestandteile oder weitere Karriereschritte dienen kann. Dabei ist eine Vereinbarung über Wissensziele natürlich davon abhängig, ob die Tätigkeit des Mitarbeiters Wissensgenerierung oder Wissensnutzung in signifikantem Umfang überhaupt zuläßt.

    Beziehungsnetze

     

    Beziehungsnetze sind nicht nur der Schlüssel zum unternehmerischen Erfolg sondern auch für den beruflichen Erfolg der einzelnen Mitarbeiter. Da der berufliche Erfolg auch dem Unternehmen nutzt, gilt es, den Ausbau und die Pflege von Beziehungsnetzen zu unterstützen. Ein Beziehungsnetz besteht aus aktuellen oder ehemaligen Geschäftspartnern, Kollegen aus Fachverbänden, der Ausbildung oder Politik sowie der Verwandtschaft und Bekanntschaft. Neben der Kundenakquisition bzw. dem beruflichen Fortkommen ("Vitamin B") dienen Beziehungsnetze der moralischen Unterstützung und Motivation, der Beratung bei konkreten Problemen und dem Einfädeln von Kooperationen.

    Je stärker Menschen mit anderen vernetzt sind, desto intensiver ist der Wissens- und Erfahrungsaustausch, denn Menschen sind eher gewillt, Wissen mit anderen zu teilen, die sie kennen. Ein wissensintensives Unternehmen muß also ein latentes Beziehungsnetz zu potenziellen Teilnehmern aufbauen. Im folgenden werden einige Punkte aufgeführt, mit deren Hilfe das Personalmanagement Beziehungsnetze aufbauen und pflegen kann:

    • Mentorenprogramme: Hier arbeiten Personen mit unterschiedlichem Wissens- und Erfahrungsstand zusammen.
    • Langzeiturlaub: Dient Tätigkeiten und Ausbildungen, die nicht im direkten Zusammenhang mit den üblichen Arbeit stehen. Ein solches Sabbatical dient nicht nur der Weiterbildung, sondern auch dazu, Kontakte außerhalb des Unternehmens zu knüpfen.
    • Austauschprogramme: Mitarbeiter arbeiten für eine begrenzte Zeit in anderen Organisationsbereichen, um sich neues Wissen anzueignen und eigenes weiterzugeben. Eine solche "Jobrotation" dient dem Ausbau unternehmensinterner Kontakte und der Verbreiterung der organisationalen Wissensbasis.
    • Temporäre Projektteams sind selbstorganisierte und im wesentlichen hierarchiefreie Gruppen, in der die verschiedenen Bereichskulturen und -interessen garantiert werden und ausreichend Zeit zur Verfügung steht, um zu lernen, externe Kontakte zu knüpfen und zu fördern. Eine solche "Wissensgemeinschaft" ist eine über einen längeren Zeitraum (½ Jahr und mehr) bestehende Gruppe, in der neues Wissen im Dialog mit allen Beteiligten entstehen soll und die ein Interesse an einem gemeinsamen Thema haben.
    • Ausbildungsprogramme: Gemeinsame Ausbildung.
    • Informelle Meetings: Hier werden Mitarbeiter zusammengebracht, die normalerweise nicht miteinander arbeiten. Dabei geht es nicht nur um den Wissensaustausch sondern auch -ganz menschlich - um Anbahnung von Kontakten und der Partnersuche.

    Bei all diesen Programmen ist auf die "Chemie" der Beziehungsnetze zu achten. Jeder Mensch arbeitet lieber mit anderen zusammen, zu denen er eine Sympathie hegt. Sich daraus ergebende Disharmonien bilden die klassischen Konfliktherde im Unternehmen. Und nicht nur dort, denn im Großen scheitern an diesen Kulturunterschieden die meisten (ca. 70%) Firmenzusammenschlüsse. Eine erfolgreiche Koalitionsfähigkeit im kleinen Team wie über Unternehmensgrenzen hinweg setzt die Kenntnis über die Präferenzen der einzelnen Mitarbeiter wie über die eigene Firmenkultur voraus und den Willen diese Kultur auch zu gestalten. Nur so entstehen erfolgreich temporäre Teilorganisationen, virtuelle Projektteams, Kooperationen auf Unternehmensebene oder auch nur zwischen einigen Mitarbeitern. Solch flatterhafte Organisationskulturen im Sinne von Jack Welch kann nur durch ein starkes Personalmanagement zusammengehalten werden.

    Neben diesen organisatorischen Maßnahmen kann der Prozess des gemeinsamen Lernens und Wissensaustauschs im Kontext der Entwicklung interpersoneller Netzwerke durch Informations- und Kommunikationstechnik (Content Management, Groupware, Data Mining etc.) unterstützt werden. Sie bieten Potenziale bei der Wissensspeicherung, Wissensverbreitung und Wissensentwicklung, wobei neben den expliziten Kernkompetenzen auch Informationen über Verhaltensaspekte (Reputation) der beteiligten Personen gesammelt, gespeichert und verteilt werden.

    Employee Self Service - Gelbe Seiten

     

    Der Grundgedanke beim "Employee Self Service" ist, dass Mitarbeiter, Vorgesetzte oder externe Stellen einen Teil der personenbezogenen Daten selbst verwalten und eigenständig Informationen aus dem Intranet (z.B. interne Stellenausschreibungen, Schulungsangebote, Sozialleistungen etc.) abrufen können. Damit wird ein Teil der bisherigen Aufgaben der Personalarbeit automatisiert und in die Hände der betroffenen Personen gelegt (was Gewerkschaften schon auf die hilfreiche Idee gebracht hat, "Kontoführungsgebühren" für Mitglieder verlangen). Ein solcher Employee Self Service enthält Informationen über:

    • Mitarbeiter:
      Suche und Anzeige von Informationen zu Mitarbeitern wie Telefon, Raum-Nr., Foto u.a.
    • Veranstaltungskalender:
      Anzeige von Veranstaltungen des Unternehmens und dazugehörige Informationen
    • Buchungsfunktionen:
      Buchen ausgewählter Veranstaltungen
    • Stellenangebote:
      Ausschreibung vakanter Stellen und Eingabe von Bewerbungen
    • Zeitnachweis:
      Auflistung geleisteter Arbeitsstunden bezogen auf ausgewählte Projekte, Abwesenheitsmitteilungen
    • Reisekostenerfassung:
      Erfassung der Kosten und direkte Fakturierung
    • Reiseplanung:
      Reservierung von Fahrzeugen, Hotels, Flugtickets und Ermittlung von Reiseverbindungen

     

    Employee Self Service läßt sich zu Gelben Seiten im Sinne des Wissensmanagement (siehe [3]) erweitern, indem es mit einer Projektdatenbank integriert wird. Hierin können die Mitarbeiter ihre aktuellen oder bereits durchgeführten Projekte eintragen und mit Anlagen, Lessons Learnt und Best Practices versehen. Dadurch haben nicht nur andere Mitarbeiter die Möglichkeit, auf das entsprechende Know-how zuzugreifen, sondern es versetzt auch das Personalmanagement in die Lage, dieses Know-how mitsamt ihren "Trägern" zu identifitieren, Vorschläge für die Weiterbildung zu machen oder neue Einsatzmöglichkeiten vorzuschlagen.

    Links

    [1]Gehle/Mülder: "Wissensmanagement in der Praxis"

    [2]Michael Schmidt: "Wissensmanagement für den Innovationsprozess", archiv.ub.uni-bielefeld.de/disshabi/2000/0009.pdf

    [3]Bernhard v. Guretzky: "Schritte zur Einführung des Wissensmanagement: Wissenskarten - Gelbe Seiten", www.c-o-k.de/cp_artikel.htm

    [4]Bernhard v. Guretzky: "Von der Informations- zur Wissensgesellschaft", erscheint demnächst auf www.c-o-k.de

    [5]Gaby Frischknecht: "Einführung von Wissensmanagement -Theorie und Praxis"www.korn.ch/exchange/Abschlussarbeit.pdf

    [6]R. Bickmann: "Neue Vorstände braucht das Land" www.bickmann.de/knowledge-base/artikel-neue_vorstaende.htm

    [7]W. Deiters et al.: "Skill-Management: Ein Baustein für das Management flexibler Teams" www.do.isst.fhg.de/wm/veroeffentlichungen/pdf_dateien/isst_bericht_skill_management.pdf

    [Standard] Namensnennung 3.0 Deutschland - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 Deutschland
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