Wissensmanagement in kleinen und mittleren Unternehmen

    15. Oktober 2002 von Dr. Bernhard von Guretzky

    Die Entwicklung und der Einsatz des Wissensmanagements wurde vor kaum mehr als fünf Jahren von Beratungsunternehmen und international, global agierenden Konzernen vorangetrieben. Nun hat der Leidensdruck auch die große Zahl der kleinen und mittleren Unternehmen erreicht, so dass Wissensmanagement auch hier als Differenzierungsmerkmal zunehmend zum Einsatz kommt. Das Papier beschreibt die besondere Situation kleinerer Unternehmen und gibt Hinweise für den Einsatz des Wissensmanagements.

    Companies will never have a truly sustainable advantage
    that"s based on products or prices.
    Jim Haudan

    Problemstellung

    Heutzutage wird in der Europäischen Union 90% der wirtschaftlichen Tätigkeit von sog. kleinen und mittleren Unternehmen (KMU"s, Mittelstand, "small and medium sized enterprises": SMEs) bestimmt. Sie bilden damit die Basis der wirtschaftlichen Tätigkeit. Ist der Einsatz von Konzepten, Vorgehensweisen und Software im Bereich des Wissensmanagement bei großen Unternehmen schon fortgeschritten, so hat er bei den KMU"s noch keinen befriedigenden Stand erreicht. Denn die erfolgreichen Ansätze von Großunternehmen lassen sich aufgrund des finanziellen, technischen und organisatorischen Aufwands nicht ohne weiteres auf den Mittelstand übertragen. Ein weiterer Grund für die noch geringe Reichweite des Wissensmanagement in KMU"s ist wohl darin zu suchen, dass es dort noch zu sehr als eine weitere zusätzliche, die ohnehin schon knappen Ressourcen verschlingende, Querschnittsaufgabe angesehen wird und nur ungenügend in die betrieblichen Abläufe, i.e. Geschäftsprozesse integriert ist.

    Umgekehrt sind Geschäftsprozesse auch implizite Wissensplattformen, die die Kernkompetenzen eines Unternehmens repräsentieren. Damit wird die Fähigkeit, die Ressource Wissen zu verwalten und in innovative Produkte und Dienstleistungen umzusetzen, gerade in KMU"s zum kritischen Erfolgsfaktor, denn durch Wissensmanagement werden wichtige Fähigkeiten wie Flexibilität, Schnelligkeit und Innovationskraft im Unternehmen trainiert.

    Je kleiner das Unternehmen, desto mehr ist Wissensmanagement als ganzheitliches Konzept zu betrachten, wobei die Softwarelösung nur einer von mehreren Erfolgsfaktoren darstellt. Die Anpassung betrieblicher Organisationsstrukturen sowie der kommunikations- und weiterbildungsspezifische Veränderungsprozess des Mitarbeiters gehört genauso dazu. Da das Ziel jeglicher Aktivität im Bereich des Wissensmanagement die Veränderung der vorhandenen Geschäftsprozesse im Unternehmen ist, läßt sich daran der Erfolg oder Mißerfolg ablesen! Insofern können KMU‘s vielleicht sogar eine Vorreiterrolle bezüglich der Integration der Wissensprozesse mit den Geschäftsprozessen spielen.

    Basel II und Wissensmanagement

    Die Baseler Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) verabschiedete 1988 die Regelung, dass Banken bei der Vergabe von Krediten Eigenkapital in der Höhe von 8% der Kreditsumme vorstrecken sollen. Um das Risiko der Zahlungsunfähigkeit von Banken durch Kreditausfälle zusätzlich einzudämmen, treibt die BIZ nun einen Nachfolgeplan ("Basel II") voran, der voraussichtlich 2005 in Kraft treten wird und aus drei Säulen besteht:

    • den Minimalanforderungen an das Eigenkapital,
    • dem Verfahren zur überprüfung durch staatliche Aufsichtsbehörden
    • und den unter dem Stichwort "Marktdisziplin" zusammengefassten Publizitätsanforderungen.

    Basel II beeinflusst bereits jetzt die Kreditvergabe der Banken gerade an KMU’s, da darin eine differenzierte Bewertung risikoreicherer Geschäfte vorgeschlagen wird, die eine höhere Eigenmittelunterlegung des Kreditnehmers vorweisen muss als risikoärmere Geschäfte. Dies wirkt sich direkt auf den Zinssatz für das geliehene Kapital aus: Dabei gilt nicht nur die bislang gültige Regel, dass Firmenkunden mit einer guten Bonität weniger Zinsen zahlen als jene mit einer schlechteren. Vielmehr wird das Risiko der zu finanzierenden Vorhaben bankintern und zunehmend durch externe Ratingagenturen auf der Basis der finanziellen Verfassung und langfristigen Firmenstrategie des Unternehmens ermittelt. So können von KMU’s unter Umständen Zinsen verlangt werden, die 25% über der sog. Prime Rate für Großunternehmen liegen. Darüber hinaus ist Kreditvergabe künftig nicht mehr vom "guten Draht" zum persönlich befreundeten Banker abhängig, sondern richtet sich ausschließlich nach dem Rating des Unternehmens.

    Die Chancen, unter Basel II auch weiterhin Kredite zu akzeptablen Kosten zu bekommen, sind dennoch positiv, solange der potenzielle Kreditnehmer die Leistungskraft und Perspektiven des Unternehmens glaubhaft und nachvollziehbar vermitteln kann. Es kommt also darauf an, das eigene Unternehmen auf Schwachstellen abzuklopfen und sie rechtzeitig zu beseitigen, bevor der Kreditgeber bzw. die Analysten der von ihm beauftragten Ratingagentur sie aufdeckt.

    Analysten wie Börse bewerten die Unternehmen danach, wie sie die Ressource Wissen wertschöpfend einsetzen und für die Lösung neuartiger Probleme nutzen, was sich exemplarisch am Unterschied zwischen Börsenwert und Anlagewert wissensintensiver Unternehmen wie etwa SAP oder Microsoft ablesen läßt. Es ist also im guten kaufmännischen Sinne, wenn Unternehmen ihre Aktivitäten im Bereich Forschung und Entwicklung zum Teil ihrer "equity story" machen und dazu gehört natürlich ein auf die Geschäftsprozesse bezogenes Wissensmanagement:

    • Wissensmanagement als Unternehmensstrategie (z.B. in Beratungshäusern)
    • kundenorientiertes Wissensmanagement (z. B. CRM)
    • Best Practice und Lessons Learnt (z.B. in dezentralen Organisationen)
    • Wissensgenerierung als Innovationsmanagement
    • Wissensmanagement zur Förderung der Eigenverantwortung, Kreativität, Selbststeuerung von Mitarbeitern (Gelbe Seiten u.ä.)

    Wissensmanagement beeinflußt also das Rating eines Unternehmens und somit unmittelbar die Gewinnsituation.

    Die Zinshöhe bei der Kreditvergabe hängt letztlich auch davon ab, wie gut sich das Unternehmen mit entsprechenden Software-Lösungen auf Basel II und dem damit verbundenen Informationsbedarf bei der Kreditvergabe bei Banken vorbereitet hat.

    Die Bedeutung des Wissensmanagements für KMUs

    Bekannt dafür, alles von den Maßen einer Klobrille und bis zu den Ingredienzen des englischen Würstchens zu definieren, hat die Europäische Kommission auch eine genaue Kategorisierung von kleinen und mittleren Unternehmen erdacht. Vereinfachend läßt sich sagen: "Als Unternehmen gilt jede wirtschaftliche Einheit, unabhängig von ihrer Rechtsform, die eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübt. Dazu gehören insbesondere auch jene Einheiten, die als Einpersonen- oder Familienbetriebe eine handwerkliche Tätigkeit oder andere Tätigkeiten ausüben, sowie Personengesellschaften oder Vereinigungen, die eine wirtschaftliche Tätigkeit ausüben. Ein Unternehmen gilt als mittleres, wenn es weniger als 500 Mitarbeiter hat und weniger 50 Mio. € im Jahr umsetzt. Ein kleines Unternehmen beschäftigt weniger als 50 Mitarbeiter und hat einen Jahresumsatz von höchstens 9 Mio. €. Als zusätzliche Voraussetzung in beiden Fällen gilt, dass sie keiner Gruppe verbundener Unternehmen angehören." Als qualitative Kriterien zählen auch Merkmale wie Rechtsform, übernahme der persönlichen Haftung und Bindung zwischen Unternehmensleitung und Mitarbeitern.

    Klein- und Mittelunternehmen präsentieren sich in den verschiedenartigsten Erscheinungsformen und bilden das Rückrat der deutschen Wirtschaft, denn sie

    • stellen 99,3 % aller umsatzsteuerpflichtigen Unternehmen in dar,
    • tätigen 44,8 % aller steuerpflichtigen Umsätze,
    • tragen mit 57 % zur Bruttowertschöpfung aller Unternehmen bei,
    • nehmen 46 % der Bruttoinvestitionen vor,
    • schaffen 69,3 % der Arbeitsplätze und
    • stellen 80 % der Ausbildungsplätze bereit.

    Das Arbeitsfeld des Mittelstands ist breit gefächert: Es reicht vom Handwerksbetrieb mit Familientradition, über Spezialunternehmen des Maschinenbaus oder der Elektrotechnik, zu in Lieferantennetzwerke eingebundene Lohn- oder Teilefertiger, über forschungsintensive Firmen der Bio- oder Informationstechnologie oder dienstleistungsorientierte Unternehmen aus der Medien- oder Beratungsbranche bis hin zu endkundenorientierten Firmen wie Reisebüros, Pflegediensten, Callcentern u.ä.

    Es ist einleuchtend, dass diese unterschiedlichen Arten von Unternehmen sich mit ebenso verschiedenen "Wissensprozessen" auseinander zu setzen haben und demnach auch ganz unterschiedlichen Anforderungen an Konzepte für das Wissensmanagement stellen. Trotzdem ist es ein zunehmend wichtiger werdendes Thema, denn aufgrund der stärkeren Spezialisierung der mittelständischen Unternehmen ist ihr Kompetenzvorsprung gegenüber der Konkurrenz stets gefährdet. Deshalb ist es überlebenswichtig, ihn zumindest zu verteidigen und wenn möglich auszubauen. Typische Anforderungen, denen sich eher der Mittelstand gegenüber sieht, sind etwa, dass ein Mitbewerber bei einem der wichtigsten Kunden das eigene Angebot deutlich unterschreitet oder eine Aufgabe in kürzester Zeit zu erledigen ist. Dabei stellen sich dann folgende Fragen, von deren Lösung letztendlich der wirtschaftliche Erfolg des Unternehmen abhängt:

    • Läßt sich schnell ein Projektteam zusammenstellen, um kurzfristig eine Lösung zu erarbeiten?
    • Welche verschiedenen Alternativen sind möglich?
    • Hat man stets einen detaillierten überblick über den Projektfortschritt?
    • Gibt es vielleicht ähnliche Problemlösungsansätze, die bereits anderweitig im Unternehmen erfolgreich eingesetzt wurden?

    Da ein gewichtiger Vorteil von KMUs gegenüber großen Unternehmen darin liegt, schnell und flexibel auf sich verändernde Marktsituationen reagieren zu können, bedeutet hier Wissensmanagement in erster Linie Zusammenarbeit, Analyse, Suchen, Veröffentlichen und Aufgabenverfolgung oder in Form der Bausteine des Wissensmanagements: Wissenstransparenz sowie Wissen nutzen und verteilen.

    Die Prozesse Wissen erwerben, entwickeln, bewahren und bewerten spielen im Mittelstand aufgrund der knappen Ressourcen naturgemäß eine geringere Rolle, bedürfen also einer besonderen Förderung. Hinzu kommt, dass in KMUs der oder die Geschäftsführer bzw. Eigentümer alle wesentlichen Führungsaufgaben übernehmen müssen, ohne sich auf eine Managementebene unter ihnen stützen zu können. Sie brauchen daher besonders die Unterstützung und den Rat in speziellen Fragen der Technologie und des Management. Dazu gibt es im Bereich des Wissensmanagement speziell auf den Mittelstand zielende Initiativen, wie z.B.:

    • KluG: Kenntnisse leiten zu unternehmerischem Gewinn: Einführung von Wissensmanagement in KMUs. Ziel des Projektes ist es, Wissensmanagement in drei nordrhein-westfälischen Modellbetrieben einzuführen. Dabei sollen bedarfsgerechte Instrumente für den Mittelstand erprobt und die teilnehmenden Unternehmen befähigt werden, die Ressource Wissen besser und systematischer als bisher zu nutzen. Darüber hinaus wird ein allgemeiner Leitfaden für KMUs erstellt, mit dessen Hilfe sich Geschäftsführer und Personalverantwortliche Know-how zur Ermittlung von Wissenslücken, zum Aufbau von Wissensquellen, Wissensspeichern sowie Wissensverteilsystemen in ihrem Unternehmen aneignen können. (siehe auch [2]).
    • Das International Learning Technology Center Munich (ILTeC) ist ein Kompetenzzentrum für neue Formen des Lernens und deren Einsatzmöglichkeit in der Erwachsenenbildung. Das ILTeC hält engen Kontakt zu Forschungseinrichtungen und Hochschulen, Bildungseinrichtungen und Anbietern von Lernprogrammen. Ziel ist die Förderung der Weiterbildungspraxis von kleinen und mittleren Unternehmen durch Beratung und Unterstützung. (siehe auch [3])
    • In "InnoWima" werden Methoden und Hilfsmittel zur Umsetzung eines ganzheitlichen Wissensmanagements erarbeitet. Die Methoden und Hilfsmittel werden zu einem Leitfaden verdichtet und interessierten KMUs zur Verfügung gestellt. Auf diese Weise soll die Innovationsfähigkeit mittelständischer Unternehmen in Rheinland-Pfalz mit Hilfe des Wissensmanagement nachhaltig gesteigert werden. (siehe auch [5])
    • Das "Innovation and SME-Programme" ist ein Förderprogramm der EU, um einerseits die Innovationsfähigkeit in KMUs zu stärken und andererseits den Einsatz neuer Technologien zu fördern. Darüber hinaus soll das Programm dazu beitragen, für ein "innovationsfreundlicheres" Klima in Europa zu sorgen. (siehe auch [6])
    • BusinessLink in London ist eine der größten Organisationen in Europa, die sich der technologischen Unterstützung des Mittelstands auf die Fahnen geschrieben hat. BusinessLink betreibt sog. Knowledge Centres für alle wesentliche Tätigkeitsbereiche von KMUs wie etwa Informations- und Kommunikationstechnologie, Medien, eBusiness, Finanz- und Anlageberatungen sowie soziale Dienste oder verarbeitendes Gewerbe. (siehe auch [7])

    Solche private-public Partnerschaften (PPPs) sind Ausdruck des Willens der Politik, den Mittelstand durch die Steigerung der Effektivität von öffentlichen Weiterbildungsangeboten in Kooperation mit privaten Trägern und Abnehmern, zu fördern und so etwas wie "lernende Regionen" als Netzwerke für KMUs zu schaffen, um

    • die Innovationsfähigkeit im Unternehmen zu erhöhen,
    • die Kreativität der Mitarbeiter zu fördern,
    • die Produktqualität zu verbessern,
    • Kunden- und Branchenwissen systematisch zu erwerben und entwickeln,
    • das Beziehungsnetzwerk der ausscheidenden Führung zu erhalten,
    • das Spezial Know-how von Mitarbeitern zu sichern,
    • die Maschinenauslastung und -bestückung zu optimieren und
    • die Kapazitätsengpässe bzw. die unterschiedliche Auslastung von Mitarbeitern zu verringern.

    Wissensmanagement in KMU‘s ist nicht leichter einzuführen, als in Großunternehmen, es ist lediglich anders fokussiert: Während in Großunternehmen das Identifizieren und (Ver-)Teilen von Wissen problematisch ist, haben KMU‘s eher Schwierigkeiten mit dem Erwerb, der Entwicklung und der Bewertung von Wissen, denn aufgrund der geringeren Ressourcen für Querschnittsaufgaben, kann die Menge an Informationen und Wissen in den seltensten Fällen zielgerichtet bearbeitet und bewertet werden. Gleichzeitig herrschen in mittelständischen Unternehmen per se gute Bedingungen für Wissensmanagement, denn der Betrieb ist meist überschaubar, der Informationsaustausch zügig aufgrund direkter, oft informeller Kommunikationswege und persönlicher Kontakte. Und oftmals ist auch schon eine starke Tradition der Wissensweitergabe vorhanden wie z.B. in Handwerksbetrieben, wo der Wissensaustausch zu 50 bis 90% mündlich erfolgt. Hier muss jedoch vorhandenes Mitarbeiterwissen besser dokumentiert werden, da sonst nur gelegentlich genutztes Wissen versickert oder wertvolle Erfahrungen, Fachkenntnisse und Kundenwissen, die oft nur in den Köpfen weniger Experten verankert sind, plötzlich dem Unternehmen nicht mehr zur Verfügung stehen, wenn diese Experten ausfallen.

    Einsatz und Probleme des Wissensmanagements in KMUs

    Austausch ist wichtig, denn nur verschiedene Sichtweisen ergeben gemeinsam ein Bild der Realität; Menschen müssen miteinander reden und sich ehrlich die Meinung sagen können. Aber wo der Chef gefürchtet wird, sollte man schleunigst die Firma verlassen, denn wo Kritik unterbunden wird, ist die Zukunft des Unternehmens und die seiner Mitarbeiter akut gefährdet. Innovation lebt von gegenseitiger Befruchtung und einem hohen Maß von Lernbereitschaft der Mitarbeiter und gerade auch ihrer Vorgesetzten, sowie einer Offenheit gegenüber Fragestellungen, die auch außerhalb des eigenen Zuständigkeitsbereichs liegen. Das bedeutet bei kleinen und mittleren Unternehmen in der Konsequenz auch, dass der Einfluß der Gründer oder Eigentümer sowohl auf die Forschungsvorhaben und die Pflege der Kontakte mit Kunden und anderen Institutionen verringert und auf mehrere Schultern verteilt werden muß, sonst entsteht hier ein innovationshemmender Engpaß.

    Weitere für den Mittelstand typische Probleme sind die Rollen- und Kompetenzentwicklung, die Möglichkeiten der individuellen Weiterbildung, der Aufbau von Branchen- und Kundenwissen sowie Karrieremöglichkeiten. Gerade mit dem letzten Punkt haben karrierebewußte Mitarbeiter in mittelständischen Unternehmen oft Schwierigkeiten. Im Konkurrenzkampf um die sog. High-Potentials müssen KMU‘s sich hier etwas einfallen lassen, um nicht gegenüber Großunternehmen ins Hintertreffen zu geraten. Hier bietet sich die dem Wissensmanagement zugrundeliegende Leitidee geradezu an, nämlich eine offene, Vertrauen schaffende, weitgehend hierarchiefreie und inspirierende Unternehmenskultur, die den Informationsfluss zwischen allen Beteiligten fördert. Denn was zum guten Programmierstil gehört - nämlich das Information-Hiding - ist schlecht für den Wissensaustausch. Die häufigste Ursache für unproduktive Teamarbeit ist schlicht Sprachlosigkeit der handelnden Personen. Denn allein der Gedanke mit Kollegen offen über Ideen, Fragen, Fehler oder Probleme zu sprechen, ist vielen Menschen, wie ja auch im Privatleben, sehr ungewohnt. Hier mit mutigen Konzepten vorzupreschen, darin liegt m. E: eine besondere Chance des Mittelstandes. Dabei fällt der Geschäftsleitung eine besondere Rolle zu, haben doch Zürcher Arbeitspsychologen herausgefunden, dass Erfolg oder Misserfolg bei der Einführung des Wissensmanagement vom Engagement der Geschäftsleitung abhängt.

    Vorgehensweise bei der Einführung des Wissensmanagements für KMU’s

    Der Einstieg ins Wissensmanagement bei KMU’s erfolgt sinnvollerweise in Form von Pilotprojekten oder Einzelaktivitäten. Dabei stehen folgende Tätigkeiten am Anfang:

    • Identifikation der unternehmensspezifischen Defizite im Umgang mit Wissen im Innovationsprozess
    • überprüfung der Voraussetzungen und Ressourcen zur Realisierung der Aktivitäten im Bereich des Wissensmanagement
    • Identifikation der Wissensbedarfe in Abhängigkeit von den Innovationsprozessen und Ableitung operativer Wissensziele
    • Wissenszielbezogene Analyse und Bewertung des vom Unternehmen genutzten Wissensbestands
    • Marktanalyse hinsichtlich angebotener Wissensmanagementsoftware und Auswahl eines geeigneten Systems zur Unterstützung der Konzeptionsphase
    • Vorschläge zur Umgestaltung der Geschäftsprozesse

    Da Wissensmanagement sich an der Optimierung der Geschäftsprozesse messen lassen muß, sind es die "Prozessowner", die neben der Geschäftsführung das Thema forcieren müssen. Daher sind mit beiden Gruppen Interviews zu führen, deren Ergebnisse in eine Kurzanalyse fließen (Aufwand ca. 1 bis 2 Mannwochen). Darauf aufbauend erfolgt die Erstellung eines Sollkonzepts zum Thema Wissensmanagement (Aufwand ca. 1 bis 2 Mannmonate) gegebenenfalls mit einem anschließenden mehrtägigem Workshop für die betroffenen Personen.

    Folgende Grundsätze sind bei der Einführung des Wissensmanagements in KMU’s zu beachten:

    • Zuständigkeit: Wissensmanagement ist Sache der Unternehmensleitung oder eines verantwortlichen Wissensmanagers.
    • Kultur: Wissen zu sammeln, zu verteilen und zu nutzen muss dem Unternehmen "in Fleisch und Blut" übergehen: Angefangen bei der Geschäftsleitung, die dazu ermuntert, bis hin zu den Mitarbeitern, die ihre Kommunikation über Erfahrungen und Kenntnisse pflegen müssen. Zudem müssen Führungskräfte durch ihr Vorbild ein Klima im Unternehmen schaffen, das zur Weitergabe eigenen und der Nutzung fremden Wissens ermuntert.
    • Wissensaustausch: Durch ständigen Austausch der eigenen Eindrücke und Erfahrungen wird nicht nur der Verteilungsprozess des Wissens gefördert, sondern auch die Wissensidentifikation, wodurch darüber hinaus das Bewußtsein für den Wert des Wissens geprägt wird.
    • Wissenserwerb: Ständig sind die eigenen Kompetenzen auszubauen. Dazu gehört z.B. auch, dass jeder Mitarbeiter einen eigenen Intranet-Anschluss hat und im Internet recherchieren kann.
    • Wissen bewahren: Gerade weil in KMU’s der Wissensaustausch überwiegend mündlich verläuft bzw. in den angebotenen Produkten und Dienstleistungen steckt, ist systematisch das Wissen in allgemein zugänglichen Portalen oder Datenbanken zu dokumentieren und dieser Prozess so zu formalisieren, dass er zum Geschäftsprozess wird, damit neues Wissen schnell durch das Unternehmen fliesst oder bei der Kündigung von Kompetenzträgern nicht verloren geht.
    • Klein anfangen: KMUs sollten auf dem aufbauen, was bereits vorhanden ist, bevor sie sich zum Erwerb teurer Software-Lösungen entschließen, die dann womöglich niemand im Unternehmen nutzt. Dazu gehört etwa die Entwicklung von "Austauschroutinen für Wissen", zumindest aber eine verlässliche Datenablage.
    • Externe Unterstützung: Externe Unterstützung und unvoreingenommene kritische Fremdeinschätzung hilft, das eigene Unternehmen und den Stand seines Wissensmanagements besser einzuschätzen.

    Der Einsatz von spezifischen WM-Werkzeugen erfolgt im Rahmen einer Pilotierung für eine begrenzte Anwendung. Erst nach einer erfolgreichen Pilotierung und der sich daran anschließenden Auswertung der Ergebnisse und Erfahrungen lassen sich standardisierte Prozesse zur systematischen Nutzung von Wissen effizient im Unternehmen gestalten. Durch solche "Wissensaustauschroutinen" etwa mittels Formularen, FAQs o.ä. wird eine Versachlichung des innerbetriebliches Dialogs insbesondere über begangene Fehler erreicht. Dadurch verlässt man die persönliche Ebene und kann die gemachten Fehler auswerten und aus ihnen lernen.

    Links

     [1] Lamieri/North: "Wissensmanagement in Klein- und Mittelbetrieben", www.wissensmanagement.net/online/archiv/2002/01_0201/wissensmanagement-kmu.shtml

    [2] "KluG: Kenntnisse leiten zu unternehmerischen Gewinn", www.iw-klug.de

    [3] "International Learning Technology Center Munich", www.iltec.de

    [4] "Arbeitskreis Wissensmanagement und KMU", www.bitkom.org/arbeitskreise

    [5] "Steigerung der Innovationsfähigkeit rheinland-pfälzischer KMUs durch Wissensmanagement", www.cck.uni-kl.de/~benedix/innowima/index.html

    [6] "Forschungs- und Informationsdienst der Gemeinschaft", www.cordis.lu/de/

    [7] "BusinessLink for London", www.businesslink4london.com

    [8] "e-Facts - Informationen des Bundeswirtschaftsministeriums zum e-Business" - Ausgabe 6/02, www.bmwi.de/textonly/Homepage/download/infogesellschaft/efacts10.pdf

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