Persönliches Wissensmanagement: Vier einfache Prinzipien, um den eigenen Umgang mit Wissen zu verbessern

    09. November 2004 von Prof. Dr. Martin J. Eppler

    Der Artikel plädiert dafür, auch als Einzelperson Wissensmanagement zu betreiben und schlägt dazu vier einfache Prinzipien vor.

    Einführung

    Beantworten Sie die folgenden sechs Fragen spontan und so ehrlich wie möglich:

    1. Nehmen Sie mehr als einmal pro Woche Unterlagen zum Studium mit nach Hause?
    2. Müssen Sie sich in mehr als drei Gebieten einen Expertenstatus erhalten?
    3. Gibt es ein Fachgebiet, welches Sie seit mehr als einem Jahr genauer betrachten möchten, aber bisher nicht aufgreifen konnten?
    4. Sammeln Sie oft Zeitungsberichte, Fachartikel, Berichte, Bücher etc., bis ein Stapel entsteht, der nur schwer wieder abtragbar ist?
    5. Haben Sie manchmal das Gefühl, in den Details zu versinken? Ist es in Ihrer Arbeit schwer, den Gesamtzusammenhang nicht aus den Augen zu verlieren?
    6. Haben Sie in jedem Ihrer Expertengebiete Kontakt zu entsprechenden Experten und Fachkundigen? Pflegen sie diese Kontakte aktiv?

    Falls Sie mehr als zweimal mit ja geantwortet haben, könnte Wissensmanagement für Sie auch im persönlichen Kontext ein Thema sein. Der folgende Kurzbeitrag zeigt vier einfache Prinzipien und einige ausgewählte Werkzeuge, die helfen können, den Umgang mit dem eigenen Wissen besser zu gestalten.

    Zielsetzung

    Die Zielsetzung des persönlichen Wissensmanagements besteht darin, den Zugang zu wichtigem Wissen (Experten, Dokumentationen, neuen Fertigkeiten etc.) zu gewährleisten, die Selektion von kritischem Wissen zu verbessern, neues Material schneller erlernen zu können (also die Integration von neuem Wissen zu unterstützen) und das eigene Wissensportfolio strategisch weiterzuentwickeln (aufgrund der eigenen Fähigkeiten und den zukünftigen Anforderungen). Um diese Ziele zu erreichen, können die folgenden vier Prinzipien angewandt werden.

    Prinzipien des persönlichen Wissensmanagements

    1. Aggregationsprinzip: Fassen Sie wichtiges zu nicht mehr als sieben Elementen zusammen. Verdichten Sie Informationen soweit wie möglich, so konzentrieren Sie sich (und auch andere) auf das wesentliche. Mögliche Formen der Aggregierung sind Visualisierung (z.B. mittels Mind-Mapping, Concept Mapping, Clustering oder Matrizen.) oder Reduktion auf Stichwörter bzw. Tabellarische Darstellungen. Aggregation bedeutet jedoch auch eine Reduktion der regelmässig auf Sie eintreffenden Informationen (z.B. Verteiler, Zeitschriften, e-mails). Bündeln Sie diese (beispielsweise durch einen Pressespiegel oder Zusammenfassungen von Assistenten, bzw. Ghostreadern) gezielt. Strukturieren Sie dabei die benötigten Informationen aufgrund der Aufgaben Ihres Arbeitsbereiches und setzen Sie dementsprechend Prioritäten. Sie können nach folgender bewährter Technik (Eisenhower Matrix) vorgehen: Dringende und wichtige Informationen sofort behandeln, dringende aber weniger wichtige delegieren, wichtige und weniger dringende auf später verschieben (z.B. für den Zug) und unwichtige und nicht dringende Informationen direkt entsorgen.

    2. Qualitätsprinzip: Achten Sie genauer auf die Motive, welche hinter einer Information stehen (z. B. reine Absicherung vs. Informationsgehalt, "Selling vs. Telling") und die Signale, welche auf die Qualität einer Information schliessen lassen (Quelle, Stil, Medium, Autor, Datum etc.). Verlangen Sie von Ihren Arbeitskollegen, Mitarbeitern und Geschäftspartnern, dass sie auf die Informationsqualität achten, d.h. dass sie kompakte, gut strukturierte Informationen mit Zusammenfassungen und Kommentaren zu Relevanz und Aufbau eines Textes liefern. Nutzen Sie Filter (persönliche, soziale, technologische) und persönliche Netzwerke intensiver, um nur die für Sie relevanten, verlässlichen Informationen zu erhalten.

    3. Hypothesenprinzip: Versuchen Sie anstatt ziellos und auf Vorrat Informationen zu sammeln, Hypothesen zu entwickeln, welche Ihre Informationssuche leiten und fokussieren können. D.h. entwickeln Sie eine mögliche Antwort auf Ihr Problem (= die Hypothese) und suchen Sie in der Folge nur nach Informationen, welche diese Antwort entweder bestätigen oder widerlegen können.

    4. Entwicklungsprinzip: Denken Sie jenseits des Tagesgeschäftes über die Fähigkeiten nach, die Sie in Zukunft benötigen werden und wie Sie diese schrittweise ausbauen können (z.B. via Projekte, Seminare, Kontakte zu Experten, Industrie-Erfahrungszirkel). Denken Sie dabei daran, welche Ihrer Fähigkeiten auch ausserhalb Ihrer Firma anwendbar sind und wie hoch deren Halbwertszeit ist. Verfügen Sie vor allem über kurzfristig relevantes Wissen, welches nur in Ihrer momentanen Firma eingesetzt werden kann (z.B. Ihre Kenntnisse über eine EDV-Insellösung), so nutzt Ihnen dies unter Umständen später wenig auf dem Arbeitsmarkt. Entwickeln Sie zudem Ihre Informationskompetenz, indem Sie Diagonallesetechniken und Lernmethoden ausprobieren und indem Sie moderne Informationsinstrumente (wie z.B. personalisierte Nachrichtendienste, Metasuchmaschinen, Visualisierungstechniken) zu benutzen lernen. Entwicklung bedeutet auch eine Verbesserung der Absprache mit Kollegen, um so allenfalls Informationsaufgaben aufzuteilen zu können (wer liest was, bzw. ist wo Spezialist?). Vor allem bedeutet Entwicklung jedoch, die Auseinandersetzung mit der eigenen Zukunft und den dafür notwendigen Fertigkeiten und Kenntnissen.

    Neben diesen generellen Prinzipien und Ansätzen bestehen für das persönliche Wissensmanagement weitere Instrumente. Die bekanntesten lassen sich unter dem Begriff kognitive Werkzeuge zusammenfassen. Diese Werkzeuge unterstützen die Wissensarbeit durch strukturierte Denkhilfen, welche das eigene Wissen explizit und damit besser handhabbar machen, vgl. dazu weiterführend Reinhardt/Eppler: Wissenskommunikation in Organisationen, Springer, 2004 oder Eppler: Kognitive Werkzeuge für das persönliche Wissensmanagement, in: Gabi Reinmann & Heinz Mandl (Hrsg.) Psychologie des Wissensmanagements. Perspektiven - Theorien - Methoden. Göttingen u.a.O.: Hogrefe.

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