Mobiles Wissensmanagement

    06. Februar 2002 von Dr. Bernhard von Guretzky

    Der Siegeszug der Handys und der Beginn der mobilen Breitbandära werden (vielleicht) einen "Paradigmenwechsel" in der privaten wie beruflichen Kommunikation insofern begünstigen, als beide Bereiche enger zusammenrücken werden: Neue Geschäftsmodelle und einer der Mobilität angepaßten Art des Arbeitens werden Einzug halten. Die leistungsfähigeren Endgeräte und Netze ermöglichen ein mobiles Wissensmanagement, dass zur "Killerapplikation" des m-Commerce und der künftigen Mobilfunknetze werden kann.

    Whenever I leave home, I have a little ritual where I check
    to see that I have all the little gadgets that I feel I must have,
    such as wallet, mobile phone, keys, watch, PDA and some form of content.
    Without these things, I feel almost incomplete and lacking one of them,
    such as my keys or mobile phone produces anxiety.
    I crave the functionality of these devices, and depend
    on the completeness of the services they offer.
    Aspen Andersen

    Problemstellung

    Alle großen Telekommunikationsunternehmen planen mit Hilfe der dritten Mobilfunkgeneration UMTS (Universal Mobile Telecommunications System) die beiden Wachstumsmärkte Internet und Mobilfunk zu vereinen. Dank der dann verfügbaren hohen übertragungsraten wird damit das Handy zum mobilen Multimediaterminal. Nur was und wie werden die neuen Breitbandeigenschaften des Mobilfunks dem Kunden nutzen? Die noch im Jahr 2000 grassierende UMTS-Euphorie ist parallel zur weltweiten Börsenschwäche der Technologiewerte längst verflogen. Denn die bisherigen vollmundigen Versprechungen, beim Telefonieren den Gesprächspartner in Tokio auf dem Handy-Display zu sehen oder sich Schuhe und Kleidung aus dem Online-Katalog von Otto auszusuchen, gehen wohl ähnlich an der Wirklichkeit vorbei, wie das Handy als digitalen Walkman oder Videogerät zu "missbrauchen", um auf Musik oder Videos mobil Zugriff zu haben. Dazu steht anfangs weder die notwendige Bandbreite zu Verfügung, noch werden Kunden bereit sein, für diese Gimmicks, die keinen eigentlichen Mehrwert bedeuten, sehr viel höhere Gebühren zu bezahlen. Am sinnvollsten unter den Vorschlägen für künftige mobile Breitbandanwendungen wirkt dabei noch der, Handys künftig als Navigationshilfe im städtischen Restaurant- und Einkaufsdschungel zu gebrauchen.

    Die Positionierung verschiedenster Anbieter auf dem Markt für mobile Daten- und Mehrwertdienste ist in vollem Gange, denn nicht mit der Verbindung, sondern mit der intelligenten Nutzung mobiler Breitbanddienste wird künftig das Geld verdient. Hier geht es also darum, Kunden im margenstarken Businesssegment zu gewinnen. Gerade vor dem Hintergrund der milliardenschweren Investitionen sowohl für die Lizenzen als auch für den Aufbau der UMTS-Infrastruktur, besteht die Herausforderung für die Netzbetreiber, diese Kosten durch neuartige Anwendungen, die vom Kunden akzeptiert und bezahlt werden, wieder hereinzubekommen. Solche "Killerapplikationen" - etwa vergleichbar dem Short Message System (SMS) - können wohl nur jenseits der Telephonie angesiedelt sein und müssen eine neue, zahlungskräftige Klientel ansprechen. Zahlreiche Firmen sind derzeit dabei, solche Applikationen zu entwickeln. Viele davon werden als Spielerei wieder in der Versenkung verschwinden, einige - eventuell - der neuen Technik zum Durchbruch verhelfen. Als vor 20 Jahren der PC auf dem Markt kam, wußten die meisten anfangs auch nicht, worin der Vorteil gegenüber den sog. dummen Terminals bestehen sollte. Erst Lotus und WordPerfect verhalfen dem Gerät mit ihren Spreadsheet- und Textverarbeitungsprogrammen zum Durchbruch.

    Obwohl WAP-basierte Geräte seit Ende 1999 im Handel sind, haben sich die darauf basierenden Anwendungen bislang nicht durchgesetzt. Weniger die geringe Bandbreite von 9,6 kBd hat sich hier als Stolperstein erwiesen, sondern die umständliche Benutzung einhergehend mit einem inakzeptablen Preismodell und die geringe Zahl attraktiver Angebote. Allein in Japan ist auf diesem Gebiet mit i-mode, das auf einem gänzlichen anderen Geschäftsmodell basiert, ein Durchbruch gelungen.

    Die durch UMTS ermöglichten hohen übertragungsraten liegen in der Größenordnung der schnellen DSL-Internetverbindungen. Daher ist davon auszugehen, dass der mobile Internetzugang bald dem Festnetz Konkurrenz machen wird - vorausgesetzt die versprochenen übertragungsraten werden tatsächlich zu vergleichbaren Preisen erreicht und die entsprechenden Endgeräte dem Massenmarkt zur Verfügung stehen. Diesbezügliche Planungen sprechen davon, dass in 2005 etwa 1,3 Mrd. Menschen mobil auf das Internet zugreifen werden, was nicht nur ein lukratives Geschäft für die Netzbetreiber werden kann, sondern ebenso für die Hersteller der "Terminals" und der Inhalte(content)anbieter. Die Nachfrage nach reicheren Inhalten für den mobilen Kunden wird also allen Voraussagen nach explodieren.

    ähnlich wie das Internet den Globalisierungsprozess der Wirtschaft erst ermöglicht hat, wird wohl die technische Entwicklung um UMTS herum, die bisherige Art des Arbeitens - morgens ins Büro, abends wieder nach Hause - nochmals revolutionieren. Das virtuelle Unternehmen kann damit zur Wirklichkeit werden, denn alles für die Arbeit notwendige Wissen steht überall auf jedem Gerät (Computer, PDA oder Handy) und zu jeder Zeit zur Verfügung ("knowledge-on-demand"). Dient damit der tägliche Gang ins Büro nur noch der sozialen Interaktion? Nach dem Englischen "ubiquity" (überall) wird diese Entwicklung bereits als u-Commerce (siehe [6]) bezeichnet, wobei das "u" nicht nur für "überall" steht sondern auch für "einzigartig" (unique) und "synchron" (unison).

    Wissensmanagement und mobile Technologien existierten bisher weitgehend voneinander getrennt. Mit dem Handy als "Wissensterminal" und den breitbandigen Mobilfunknetzen wird die Grundlage für die Integration beider Gebiete gelegt, wenn damit neue Anwendungen im geschäftlichen wie im privaten Umfeld geschaffen werden.

    m-Commerce

     

    Unter m-Commerce wird eine geldwerte Transaktion verstanden, die über ein öffentliches oder privates Mobilfunknetz abgewickelt wird, wobei Geräte wie Mobiltelefon, Personal Digital Assistant (PDA) oder Laptop zur Kommunikation und Information mittels

    • Sprache
    • mobiles Internet
    • mobiler Datenaustausch
    • mobile Geldtransaktion

    benutzt werden, und diese Transaktionen der Verbesserung der Kommunikation zwischen Unternehmen und "Stakeholder" dient. Unter Stakeholder wird hier der Mitarbeiter, Manager, Kunde, Lieferant oder eine öffentliche oder finanzielle Institution verstanden. Eine verbesserte Produktivität, eine höhere Marktdurchdringung oder ein besserer Kundenservice sind wesentliche Stärken des m-Commerce. Folgende Anwendungen werden typischerweise dem m-Commerce zugeordnet:

    • Information:
      • Politik
      • Wirtschaft
      • Sport
      • Wetter
    • Finanzen:
      • Beratung
      • Bezahlung vor Ort (z. B. mit digitalem Bargeld)
      • Broking
      • Überweisung
    • Shopping:
      • Kauf (z. B. CDs, Bücher)
      • Ticketing (z. B. Bestellung und Bezahlung von Eintrittskarten)
      • Buchen (z.B. Flüge, Hotels)
      • Auktionen
    • Arbeit:
      • mobiles Intranet (Zugriff auf Wissensbasen zur Unterstützung vor Ort)
      • Unified Messaging
      • Kundeninformation, mobiles Customer Relation Management
      • Logistik und Flottenmanagement
      • Lagerverwaltungs- und Warenwirtschaftssysteme
    • Unterhaltung:
      • Spiele
      • Videos
      • Wetten
      • Musik
      • Chatrooms/Communities
    • Sicherheit:
      • Sicherheits- und Alarmsysteme
      • Digitaler Ausweis/Schlüssel
      • Fernüberwachung, -wartung oder -steuerung ("smart home")

    • Gesundheit:
      • Automatischer Notruf
      • überwachung und übermittlung von Daten wie Blutdruck, Blutzucker
      • Kommunikationshilfe für behinderte bzw. ältere Menschen
    • Ortsbezogene Dienste (location based services):
      • Navigationssysteme (Wegbeschreibung, Verkehrsinformationen etc.)
      • Tracking
      • Auskunft (Restaurant, Kino, Arzt, Hotel etc.)
    • Sonstiges:
      • Info-on-Demand (kundengesteuert)
      • One-to-One Marketing
      • Persönliche Agenten

     

    In 2003 wird mit einem Marktvolumen des m-Commerce in Deutschland von etwa € 4 Mrd. gerechnet. Diese Summe setzt sich zusammen aus den Anschluss- und übertragungsgebühren, Transaktionsprovisionen, Gebühren für die Verlinkung (siehe das Modell i-mode von NTT-DoCoMo mit seinen ca. 18 Mio. Abonnenten), zusätzliche Umsätze, mobile Werbung und dem Verkauf von Informationen über Standort und Profile von Nutzern.

    Die Marktgröße zusammen mit den vielen neuen Anwendungen und den beteiligten technischen Systemen machen den m-Commerce zu einem sehr viel komplexeren Gebilde als Mobilfunk oder e-Commerce für sich genommen, denn alle Bereiche sind miteinander verknüpft und interagieren miteinander: Neben den Betreibern der Mobilfunknetze und den Herstellern für die Netzinfrastruktur und Endgeräte gehören zur Wertschöpfungskette des m-Commerce auch Anwendungsentwickler, Systemintegratoren, Inhalteanbieter, die Betreiber mobiler Portale und die Banken. m-Commerce ist das erfolgreiche Zusammenspiel aller dieser Marktteilnehmer!

     

    Mobile Endgeräte

    Die für den m-Commerce wesentlichen Endgeräte ("Terminals", "mobile Clients") sind der Laptop (PC), der Personal Digital Assistant (PDA) und das Mobiltelefon, vorausgesetzt sie verfügen über einen Zugang zum Internet über Bluetooth, Modem oder Festnetz. Die Datentransferrate bei Laptops liegt bei mindestens 56kBd. Zusammen mit vollwertiger Tastatur und Bildschirm wird neben einer bequemen Texteingabe die übertragung, Anzeige und lokale Speicherung größerer Datenmengen ermöglicht.

    Als PDAs werden Geräte in der Größe einer Handfläche ("palm") bezeichnet, die über ein berührungssensitives Display verfügen. Die Bedienung erfolgt über einen Stift oder eine anschließbare Tastatur. Eine Schrifterkennung ermöglicht die Eingabe und Verarbeitung von Texten. Die Verbindung zum Trägernetz erfolgt über ein eingebautes Modem, das eine Verbindung zum Mobilfunknetz aufbaut, was bislang nur deutlich geringere Datentransferraten als ein Laptop zuläßt. über eine Dockingstation läßt sich der PDA mit dem PC synchronisieren. Da die Fähigkeit des PDAs, Daten aufzunehmen und zu speichern (noch) sehr begrenzt ist, sind auch die Einsatzmöglichkeiten dieser Geräte eingeschränkt. Typische Anwendungen sind die Verwaltung von Terminkalender oder Adressbuch, das Empfangen von Emails oder die Routenplanung. Der Zugriff auf Internetseiten ist über WAP und HTML möglich.

    Das Mobiltelefon hat ein sehr kleines Display, Eingaben können nur über die Zahlentastatur erfolgen. Sie sind optimiert für die Sprachkommunikation, die Texteingabe ist nur sehr begrenzt möglich. Ein Grenzfall sind die sogenannten Smartphones (wie der Communicator von Nokia oder das Ericsson R380), die über ein größeres, berührungssensitives Display und eine alphanumerische Tastatur verfügen. Zugriff auf Internetseiten ist nur über WAP möglich, was die Nutzbarkeit im Internet jedoch sehr einschränkt.

    In Zukunft ist davon auszugehen, dass die Funktionalität von PDA und Handy zusammenwachsen werden, wie das die beiden skandinavischen Gerätehersteller bereits versuchen. Ein zweiter Entwicklungsschritt wird sein, dass diese neuen Geräte die Funktionen von Geldbörse, Kreditkarte, Ausweis und Schlüssel übernehmen werden. Technische Innovationen wie verbesserte Stimmerkennung und flexible Bildschirme oder Tastaturen werden den Engpaß der Datenein- und ausgabe bei diesen Geräten beseitigen und eine Verschmelzung mit dem Laptop ermöglichen.

    Die drei Gerätetypen verfügen über extrem unterschiedliche Charakteristika von Display, Datentransferrate und Interaktionsmöglichkeiten, was verschiedene Mensch-Maschine-Schnittstellen für die Präsentation von Inhalten und die Navigation im Netz erfordert. Unter dem Stichwort "unified messaging" wird die Technologie verstanden, die einmal erstellte Inhalte entsprechend den unterschiedlichen Ausgabegeräten aufbereitet. Neben den auf die mobilen Geräte zugeschnittenen Benutzeroberflächen muss auch die Darstellung der Inhalte entsprechend angepasst werden. Mobile Benutzeroberflächen und Content Management Systeme mit geänderten Sicherheitsanforderungen sowohl an den Datentransfer als auch an die Bedienung selbst erfordert ein "mobiles" System Engineering, das nicht nur die Anwendungssoftware auf dem Endgerät betrifft, sondern in dem das Zusammenspiel aller beteiligten Komponenten, die ja über mehrere völlig verschiedene Netze miteinander kommunizieren, behandelt wird. Hier steckt die Entwicklung noch in den Anfängen, schnelle Lösungen sind bislang nicht sichtbar.

    Mobiles Intranet und mobile Portale

     

    Im Frühjahr 2002 wird Mercedes-Benz auf Wunsch die A-Klasse mit PDAs von Compaq (iPaqs) ausstatten, über die der Fahrer direkten Zugang auf sein persönliches mobiles Portal hat, dass von DaimlerChrysler betrieben wird. Neben ortsabhängigen Informationsdiensten wird dem Fahrer u.a. die Möglichkeit gegeben, sein Auto on-line warten zu können, soweit das technisch möglich ist. Weitere Dienste sind geplant - virtuelle ölwechsel allerdings nicht vorgesehen (sieh [9]).

    Neben den mobilen Breitbandnetzen und den neuen leistungsfähigen Endgeräten wie PDAs und Smartphones ist das mobile Intranet die dritte technologische Säule des m-Commerce: Mobile Portale über die der Mobilfunkkunde Zugriff auf Websites hat, bieten die Möglichkeit, unternehmenskritische Daten dem mobilen Nutzer - also der Zugriff auf Daten von entfernten (Arbeits)plätzen - in personalisierter und strukturierter Form verfügbar zu stellen. Zur Zeit gibt es etwa 2 Mio. Benutzer mobiler Portale in Europa; Schätzungen für das Jahr 2005 reichen bis hin zu 20 Mio. Die konkreten Vorteile sind:

    • Flexibilität des Arbeitsplatzes
    • Prestige ("cool factor")
    • soziale Interaktion, zusätzliche Kommunikationsmöglichkeiten
    • Community-of-Practice
    • Zeitersparnis
    • verbesserter Kundenservice
    • Unterhaltung

     

    Der mobile Mitarbeiter bleibt so in die Unternehmensstruktur eingebunden, da er weiterhin Zugriff auf alle für die Arbeit notwendigen Informationen wie Email, Sitzungsprotokolle, technische Berichte, Richtlinien, Kundeninformationen, Arbeits- und Erfahrungsergebnisse usw. hat. Dieses Wissen erleichtert ihm die Entscheidungsfindung vor Ort. Diese Möglichkeit des Zugriffs auf das Wissen von überall bezeichnet man auch als "mobile computer supported collaborative working" (mobile CSCW).

    Folgende Anforderungen muss ein erfolgreiches mobiles Portal erfüllen:

    • hohe Zugriffsgeschwindigkeit und leichte Bedienbarkeit
    • Personalisierbarkeit von Inhalten und Diensten
    • für den mobilen Nutzer optimierte Anwendungen (ein-Klick-Bedienung etc.)
    • Berücksichtigung von Sicherheitsaspekten wie Zugangskontrolle, Identifikation, Authorisierung
    • Integration mit internen DV-Systemen (Buchhaltung, Betriebsdatentc.)
    • Skalierbarkeit

     

    Die wichtigste Anforderung an ein mobiles Portal ist der einfache und kostengünstige Zugriff des Mitarbeiters oder Kunden und zwar unabhängig von dessen Standort und des benutzten Terminals. Mobile Portale gibt es seit Ende der 90iger Jahre, nur die verwendete Technologie, das wireless application protocol (WAP) ist diesen Anforderungen eben nicht gerecht geworden. Mit der extensible makup language (XML) existiert nun eine Entwicklungsumgebung, die den Nutzern dieselben Dienste zur Verfügung stellt unabhängig davon, ob sie Handy, PDA oder Laptop benutzen. Eine prototypische Architektur für den m-Commerce mit mobilem Zugriff auf das Internet könnte wie folgt aussehen:

     

     

    Der Zugriff auf die Inhalte und die zur Verfügung stehenden Dienste kann offen oder geschlossen gehandhabt werden. Ein geschlossenes Portal ist auf das firmen- oder anwendungsspezifische Intranet beschränkt, der Zugriff auf das Internet selbst ist nicht möglich. Dies kann in bestimmten Fällen aus Sicherheitsgründen notwendig sein, schränkt jedoch die dynamische Interaktion des anonymen Nutzers zwischen Internet und anderen m-Commerce-Anbietern ein. Unter Marketinggesichtspunkten mag dies bisweilen sinnvoll erscheinen, nur funktioniert so etwas in der realen Welt nicht und so wird es sich im m-Commerce wohl auch nicht durchsetzen.

    Die wenigen bislang vorliegenden Erfahrungen mit mobilen Portalen und deren Nutzung erfordern eine hohe Risikofreude der Entwickler und Auftraggeber. m-Commerce ist unerforschtes Terrain, in dem sich Trends und Vorlieben noch über einen längeren Zeitraum schnell ändern werden.

     

    Mobiles Wissensmanagement

     

    Drei Aspekte bestimmen die Mobilität des Wissens. Da Wissen oft an Wissensträger gebunden ist, beeinflußt deren Mobilität die Verfügbarkeit des Wissens für andere Personen. Der zweite Aspekt ist die Mobilität des Nutzers, also der mobile Zugriff auf stationäre oder mobile Wissensquellen und der dritte schließlich ergibt sich aus der Ortsbezogenheit des Wissens. Denn nicht nur Informationen über Verkehr oder Wetter beispielsweise haben eine ortsbezogene Bedeutung sondern auch Wissen selbst, wenn nämlich ortsabhängige Daten dieses Wissen maßgeblich bestimmen wie etwa bei intelligenten Routenplanungen oder medizinischen oder technischen Diagnosen.

    Als Konsequenz daraus muss mobiles Wissensmanagement ("wireless" oder "mobile" knowledge management) dem Nutzer einen ortsunabhängigen Zugriff auf diejenigen unternehmensinternen und -externen Wissensquellen ermöglichen, die zur Erfüllung seiner Aufgaben notwendig sind. Dieser Zugriff kann über Gateways auf stationäre Systeme für Wissens- oder Content Management erfolgen und dabei die Informationen gemäß den mobilen Endgeräten präsentieren, oder Verbindungen zu den relevanten mobilen Wissensträgern herstellen, was eine ausgeklügelte Benutzeradministration voraussetzt.

    Die mobilen Technologien kommen also für die Nutzung der Bausteine des Wissensmanagement (siehe [7]) zum Einsatz, wobei es sich um technische und nicht-technische Systeme der Wissensproduktion, -reproduktion, -distribution, -verwertung und des Wissensflusses handelt. Darüber hinaus dienen sie dem Lokalisieren von Experten und reduzieren damit die Bruchstellen im Wissensprozess, ohne die die Funktionsfähigkeit stark vernetzter bzw. virtueller Unternehmen nicht möglich wäre.

    Von der Außenperspektive ("stakeholder perspective") betrachtet sind für das mobile Wissensmanagement die Beziehungen zwischen dem Unternehmen und dem

    • Kunden,
    • Mitarbeiter und
    • Lieferanten bzw. Kooperationspartner

    von Bedeutung. Bei der Kundenbeziehung hat sich das mobile Wissensmanagement danach auszurichten, ob der Nutzer bereit ist, einen deutlichen Mehrwert gegenüber den Standarddiensten der Netzbetreiber zu bezahlen. Wissensmanagement dient hier dem strategischen Ziel der Vergrößerung des Marktanteils. So kann etwa durch Bündeln hochqualifizierter Informationen Zugang zu aktuellen, gut strukturierten Markt- und Wettbewerbsinformationen den Subskribenten angeboten werden. Spezielles Wissen kann mobil an mittelständische Unternehmen, Unternehmensberater, Börsenanalysten, Ärzte oder Juristen "verkauft" werden, um die Kunden vor Ort und ad hoc in ihrer konkreten Situation zu unterstützen. Von hochqualifizierten Researchern werden die angeforderten Informationen gesammelt, handy-gerecht aufbereitet und von Wissensbrokern verkauft. Dies kann in natürlicher Sprache, grafisch oder per Video geschehen. Das mobile Endgerät wird somit zum "Wissensterminal".

    In der Innenbeziehung zwischen Unternehmen und Mitarbeiter geht es um den Austausch von Wissen innerhalb des Unternehmens. Der Nutzen des mobilen Wissensmanagement liegt hier in der erhöhten Mobilität und Flexibilität der beteiligten Personen sowie Zeit- und Kosteneinsparungen bei der Erfüllung ihrer Aufgaben, denn das relevante Wissen kann flexibel mit den operativen Geschäftsprozessen verknüpft werden: Entscheidungen können vor Ort beim Kunden getroffen werden, ebenso lassen sich Informationen direkt am Entstehungsort erfassen und in der unternehmensweiten Wissensbasis ablegen. Wissensmanagement dient dabei der Produktivitätserhöhung der Mitarbeiter. Dazu müssen die Smartphones in die unternehmensinterne DV-Landschaft integriert werden, da nicht nur Anwendungen im Bereich des Wissensmanagement sondern etwa auch mobiles Customer Relationship Management (m-CRM) oder Enterprise Resource Planning (m-ERP) es erfordern, Daten auf den mobilen Clients zu speichern. Damit werden die mobilen Endgeräte zu einer Erweiterung des unternehmensinternen Netzwerks.

    In der Lieferanten- bzw. Geschäftspartnerbeziehung dient das mobile Wissensmanagement dem Wissenstransfer über Unternehmensgrenzen hinweg, wobei es nicht um den Export von Wissen, sondern um das verantwortliche Anwenden von Wissen unter Berücksichtigung der Bedingungen vor Ort geht. Wie bei der o.g. Innenbeziehung zwischen Unternehmen und Mitarbeiter ist auch hier die Senkung der Transaktionskosten das Ziel, d.h. mobiles Wissensmanagement dient der schnellen und kostengünstigen Verbindung der Wissensquellen mit Wissenssenken und Wissensträgern.

    Allgemein läßt sich sagen, dass mobiles Wissensmanagement der überwindung der "digitalen Kluft" sowohl im unternehmensinternen wie im unternehmensübergreifenden Bereich dient, in dem es den beteiligten Personen Zugang zu Beratung und Führung ermöglicht.

     

    Stolpersteine

    Mögliche Probleme bei der Verbreitung des mobilen Wissensmanagement ergeben sich dadurch, dass die mobilen Endgeräte nur sehr verspätet zur Verfügung stehen werden. So verzögert sich beispielsweise die Auslieferung der "Terminals" für das UMTS-Pilotprojekt auf der Isle-of-Man um mindestens ein halbes Jahr und die finnische Sonera hat den UMTS-Start im eigenen Land aus denselben Gründen auf das Jahr 2004 verschoben. Für den Massenmarkt geeignete Geräte wird es wohl nicht vor 2003 geben. Der bislang verfügbare Nokia Communicator ist wegen seines horrenden Preises (noch) nicht kompatibel für das Breitengeschäft.

    Hinzu kommt, dass immer mehr technische Möglichkeiten immer neue Gerätschaften nötig machen. Dieser steigende Innovationsdruck zwingt - bei gleichzeitig schrumpfendem Markt - zu immer kürzeren Produktentwicklungszyklen. Damit verringert die Modellpolitik der Hersteller immer stärker die Produktionsmengen pro Modell, womit sie sich selbst immer härter an der Profitabilitätsgrenze bewegen. Aus diesem Grund wohl steigt der britische Mobilfunkbetreiber mmO2 (vormals British Telecom) in den Hardware-Markt ein, um einerseits unabhängig von der Marketingstrategie der Handyhersteller zu werden und andererseits die technischen Möglichkeiten der Mobilfunknetze auch dem Endkunden auf dem Handy anbieten zu können: Mit dem sogenannten "XDA" - dem iPaq von Compaq ähnlich - entwickelt mmO2 eine Mischung aus Handy und Organizer.

    Zu allem überfluß wird sich die flächendeckende Implementierung der neuen Netzwerkgeneration kräftig verzögern. So lauten konservative Schätzungen, dass selbst im Jahre 2010 UMTS kaum mehr als ein Viertel des globalen Marktes erobert haben wird. Die Datenkompression, die diesen Engpass überwinden könnte, wird sich wohl nicht durchsetzen, da die Ressourcen der Terminals kaum ausreichen werden.

    Ein weiteres Problem ergibt sich daraus, dass Handys auch von weniger gut ausgebildeten und technisch versierten Personen benutzt werden, als dies etwa bei Laptops oder PDAs der Fall ist. Deshalb muss bei der Entwicklung künftiger mobiler Clients und der darauf zu installierenden Software der Benutzerfreundlichkeit größte Aufmerksamkeit geschenkt werden. Der Identifikation, der Transfer und die Darstellung des Wissens wird von den entsprechenden Werkzeugen erledigt, lediglich die intelligente Anwendung des Wissens obliegt noch dem Nutzer. Zudem haben Handys neben einer visuell orientierten auch eine taktile und aurale Mensch-Maschine-Schnittstelle. Mit dem Schritt in neue Märkte und neue Bedienweisen wird neues Terrain betreten; eine klare Linie der technologischen Entwicklung ist noch nicht absehbar.

    Links

    [1];Lehner/Watson: "From E-Commerce to M-Commerce: Research Directions"; www.bestpractices.at/bilder/newsletter5.pdf

    [2];Holger Nösekabel: "Integration von web- und mobilbasierten Diensten";

    [3];Jacques R. Bughin et. al.: "Mobile Portals"; The McKinsey Quarterly, 2001 Number 2

    [4];Stefan Berger: "Mobile Knowledge Management"; unveröffentliches Manuskript des Department of Business Informatics III der Universität Regensburg

    [5];Henrik Fagrell et. al: "Exploring Support for Knowledge Management in Mobile Work"; www.viktoria.se/groups/mi2/results/papers/mobiservice.pdf

    </DIR> </DIR>

    [6];Ubiquity: An ACM IT-Magizine and Forum; www.acm.org/ubiquity/

    [7];Probst/Romhardt: "Bausteine des Wissensmanagement - ein praxisorientierter Ansatz"; www.cck.uni-kl.de/wmk/papers/public/Bausteine/

    [8];"Mobile Commerce Report"; www.durlacher.com

    [9];www.mercedes-benz.t-online.de/NASApp/portal/dcxHome

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