Mit Business-Simulationen Change-Prozesse unterstützen

    20. Mai 2015 von Wolfgang Karrlein

    Die digitale Transformation – so eine aktuelle Studie – stellt den Mittelstand in Deutschlands vor große Herausforderungen und bestehende Unternehmensprozesse gründlich auf den Kopf. So erwarten 82 Prozent der befragten Topmanager, dass sich die interne Kommunikation deutlich beschleunigen wird. Vier von fünf sind überzeugt, dass der Wissenstransfer eine Schlüsselrolle spielen wird. Drei Viertel halten außerdem ein Zusammenrücken der IT mit anderen Abteilungen für notwendig.

    Doch der Weg dahin ist noch weit. Laut der Studie „Digitale Transformation und ihre Auswirkung auf die Führung im Mittelstand" der Personalberatung InterSearch Executive Consultants, für die 400 Topmanager aus mittelständischen Unternehmen ab 100 Mitarbeitern befragt wurden, „haben sich die wenigsten Firmen bereits auf diese Entwicklung eingestellt und halten stattdessen immer noch an überlieferten Hierarchien fest“. Nach wie vor werden Führungskräfte vom Top-Management nicht dabei unterstützt, über Strukturen hinweg zu agieren, ihre Mitarbeiter in Entscheidungen zu involvieren und themenbezogen in Projektorganisationen zu arbeiten.

    Spielerisch in Entscheidungsprozesse hineinversetzen

    Hier kommen Business-Simulationen ins Spiel, wie sie zum Beispiel die Münchner canmas GmbH anbietet. Bis zu 24 Mitarbeiter in gehobenen Funktionen sitzen dabei ein bis zwei Arbeitstage rund um ein Simulationsboard, verschieben Figuren oder ziehen Karten. Vor allem aber diskutieren Sie über ihre getroffenen Entscheidungen und sehen sofort deren Auswirkungen. Dabei setzen sich die Teilnehmer in ihre Geschäftsführung hinein und verinnerlichen deren Vorstellungen von der weiteren Unternehmensentwicklung, um sie dann später im Betrieb umzusetzen.

    Die praktische Erfahrung aus zahlreichen Projekten bei Firmen unterschiedlicher Branchen und Größen hat gezeigt, dass durch die Business-Simulationen und Unterstützung bei der anschließenden Implementierung der gemeinsam erarbeiteten Lösungen, das Verständnis für Veränderungen schnell und effizient gesteigert werden kann. Zunächst vorhandene Widerstände bei den Mitarbeitern lassen sich mit Hilfe der Simulationen nachhaltig beseitigen.

    „Begreifen“ von Zusammenhängen wirkt dauerhaft

    Das neue Wissen wird intensiv erarbeitet, dadurch gibt es später ein vertieftes Erinnern an das Gelernte und das ist der große Vorteil dieser Methode: Es erfolgt nicht nur eine Wissensvermittlung durch eigenes spielerisches Erleben und in einem kommunikativen Diskurs mit integrierter Übertragung auf das eigene Unternehmen. Sondern durch das Layout des Simulationsboards werden die Zusammenhänge auch besonders anschaulich dargestellt. Da die Teilnehmer verschiedene Dinge auf dem Spielbrett in der Mitte bewegen oder manipulieren müssen, kommt neben dem anschaulichen Sehen auch noch das wortwörtliche „Begreifen“ dazu.

    Es werden in den Workshops verschiedene Lernkanäle wie Diskussion, Anschauung, Begreifen und Erleben genutzt, was den Erfolg beim Know-how-Transfer deutlich verstärkt und nachhaltiger als klassischer „Frontalunterricht“ wirkt. Durch die gleichzeitige Anwesenheit aller Teilnehmer in einem Raum für etliche Stunden werden diese intensiv in die gegenseitige Diskussion eingebunden und können durch den Austausch untereinander vom Wissen der anderen profitieren. Dies verstärkt nachweislich die bessere Verbindung mit ihrer eigenen Situation im Unternehmen und mit dem Geschehen in der Simulation.

    Sechs wesentliche Aspekte sind zu berücksichtigen

    Echter Wandel umfasst die sechs wesentlichen Aspekte Vision, Kommunikation, Fähigkeiten/Entscheidungen, Tools, Anreize und Aktionsplan. Wenn einer dieser Punkte ungenügend im Veränderungsprozess berücksichtigt oder ganz vernachlässigt wird, führt der Wandel zu ungewollten Effekten. Mit den verschiedenen Simulationen und integrierten Transferaktionen zu den festgelegten Unternehmensthemen werden deshalb alle sechs Veränderungsdimensionen parallel berücksichtigt:

    Wirkung auf den Aspekt „Vision“

    Das Durchführen der Simulationen – verknüpft mit den Kernbotschaften der gewünschten Veränderungsziele – macht den Teilnehmern bewusst, warum das Unternehmen diese Aktionen initiiert und was die aktuellen Herausforderungen dabei sind. In den Business-Simulationen treten vergleichbare oder ähnliche Schwierigkeiten auf. Diese werden von den Teilnehmern diskutiert, entsprechende Entscheidungen gefällt und diese dann umgesetzt. Durch verschiedene Transfermaßnahmen (z.B. Debriefings in der Simulation oder Transfer-Break-Outs) wird der Rückschluss in die eigene Realität des Unternehmens gewährleistet. 

    Wirkung auf den Aspekt „Kommunikation“

    Kernelement aller Simulationen sind intensive Diskussionen in den Teams während der Durchführung. Da es sich um ähnliche Themen und Herausforderungen handelt, denen die Unternehmen gegenüberstehen, tauchen die Teilnehmer in die Diskussion und Kommunikation ein, um zu tragbaren Lösungen und Entscheidungen im Team zu kommen. Sie erleben vergleichbare Aufgabenstellungen, wie es die Kommunikation zur Bearbeitung der realen Veränderung ebenfalls erfordert. Die Führungskräfte erarbeiten sich in der Diskussion die Kernbotschaften selbst. Diese werden offensichtlich und nachvollziehbar, weil sie mit dem eigenem Erleben und den realen Diskussionen im Unternehmen verknüpft werden.

    Wirkung auf den Aspekt „Fähigkeiten/Entscheidungen“

    Die Teilnehmer lernen in der Simulation schnittstellenübergreifend zu denken, da sie unterschiedliche Rollen ausfüllen und wahrnehmen. Durch die Spielsituationen sind sie gezwungen, intensiv in Wirkungszusammenhängen zu denken und auch zu entscheiden. Sie lernen auf diese Weise andere unternehmerische Perspektiven (z.B. die Finanzperspektive) kennen. Durch diese Erfahrung stimmen sie sich mehr ab und treffen bessere auf das Ganze bezogen Entscheidungen für das Unternehmen. 

    Wirkung auf den Aspekt „Tools“

    In den Simulationen werden verschiedene Tools – z.B. Key Performance Indicators (KPIs), Balanced Scorecard, strategische Methoden – vorgestellt oder sind von vorneherein in den Ablauf integriert. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, zusätzliche für das jeweilige Unternehmen spezifisch wichtige Instrumente zu integrieren (beispielsweise EVA). Besonders bei den komplexeren Simulationen können auch Präsentationen (z.B. von Forecasts, Business Planning) eingebaut werden. 

    Wirkung auf den Aspekt „Anreize“

    Auf Grund der spielerischen Art und Weise und durch den Wettbewerb zwischen den teilnehmenden Teams wirken die Simulationen stark motivierend. Durch die eigene Beschäftigung mit den Themen in den Gruppen und das Herausarbeiten der Transferelemente wird die Motivation gesteigert, das Erfahrene in den eigenen Verantwortungsbereich zu übernehmen. Das Verständnis über Zusammenhänge, der Austausch mit Kollegen anderer Bereiche sowie das Wissen, warum und wie ich selbst zu einer Verbesserung beitragen kann, steigert die eigene Bereitschaft und Antrieb zusätzlich und führt zu einer aktiveren Teilnahme an Veränderungs-/Verbesserungsinitiativen.

    Wirkung auf den Aspekt „Aktionsplan“

    Damit über die Simulationen hinaus das Gelernte in das Unternehmen übertragen werden kann, gehört die Ableitung von Maßnahmen und deren Überführung in einen Aktionsplan zum Konzept der Workshops. Nach der Verabschiedung in der Geschäftsführung erfolgt die Umsetzung. Positive Nebenaspekte der Simulations-Workshops sind der Netzwerkaufbau über den eigenen Verantwortungsbereich hinaus und das tiefere Verständnis der benachbarten Funktionsbereiche. Die Umsetzung gelingt damit später koordinierter, wirkungsvoller und zielgerichteter.

    Breite Auswahl an Themen für die Simulationen

    Welche Themen in den Business-Simulationen behandelt werden sollen, entscheidet das jeweilige Unternehmen nach seinen aktuellen Bedürfnissen. Typischerweise zählen dazu:

    • Verbesserte und reibungslosere abteilungsübergreifende Zusammenarbeit
    • Fördern von abteilungs- und prozessübergreifenden Gedankenaustausch und Diskussion, um neue Ansätze zur Weiterentwicklung des Unternehmens zu erarbeiten
    • Steigern des Verständnisses der Führungskräfte und der Mitarbeiter für übergeordnete Ziele und Initiativen der Geschäftsführung
    • Stärken und gemeinsame Ausrichtung bei Workshops und Projekt-Kick Offs
    • Verbessern und Stärken strategischer Initiativen
    • Fördern des Führungskräftenachwuchses und Stärken der Führungskompetenzen
    • Stärken der aktiven Beteiligung von Führungskräften und Mitarbeitern in Programmen und Verbesserungsinitiativen des Unternehmens

    Je nach Aufgabe stehen unterschiedliche Business-Simulationen zur Verfügung. Durch die enge Partnerschaft mit dem schwedischen Anbieter Celemi, der globaler Marktführer in diesem Segment ist, kann jeweils die passende Simulation eingesetzt werden. Beispielsweise

    „Apples & Oranges“ im Bereich Finanzmanagement

    In „Celemi Apples & Oranges“ erfahren die teilnehmenden Teams durch das einfache und realistische Unternehmensmodell, wo Kosten anfallen und Umsätze generiert werden. Jeder Teilnehmer lernt, dabei wie Finanz- und Cash-Management funktionieren und kann nach dem Workshop Geschäftsberichte lesen und interpretieren, gewinnrelevante Faktoren erkennen sowie Finanzkennzahlen und wesentliche Performance-Indikatoren analysieren und entsprechende Prioritäten setzen. Ziel der Simulation ist das Schaffen einer durchgängigen gemeinsamen Sichtweise innerhalb der Organisation und der Aufbau eines gemeinsamen Grundverständnisses von Finanz- und Managementkonzepten.

    „Decision Base“ zur komplexen Unternehmensführung

    Bei dieser umfangreichen Simulation lenken die Teilnehmer als Management-Team alle Geschicke ihres Unternehmens im Wettbewerb in verschiedenen Märkten. Nur wer an einem Strang zieht, wird dabei nachhaltig Erfolg haben. Die teilnehmenden Führungskräfte aus dem mittleren und oberen Management erfahren dabei, wie sie im Team strategische, operationale und Finanzentscheidungen treffen, die Kosten reduzieren und neue Marktanteile gewinnen. Dabei müssen Sie entscheiden, ob lieber früher investiert oder zunächst konsolidiert werden soll. Dabei können die gegeneinander spielenden Teams in allen Märkten aktiv sein oder sich auf bestimmte Aspekte fokussieren und unterschiedlichen Strategien wie Marktführerschaft oder „Early follower“ auswählen.

    „Tango“ für Kompetenzentwicklung, Staffing und Management von materiellem und immateriellem Vermögen

    Die Teilnehmer leiten bei dieser Simulation ein wissensintensives Unternehmen im scharfen Wettbewerb um Kunden und Mitarbeiter. Sie erringen ihre Wettbewerbsstärke durch eine Strategie, die auf der planmäßigen Entwicklung ihres Personals basiert. Zu den Aufgaben zählen das Meistern der Balance zwischen kurzfristigen Zielen und wirksamen langfristigen Planungen, das Abstimmen von Unternehmensstrategie und strategischem HR-Management sowie dem Abgleichen von Anforderungen an Jobs und Entwicklungswege mit der Unternehmensstrategie. Aber auch das bessere Verstehen der Hintergründe von Finanzzahlen und entsprechender KPIs und das Verbessern der Erfahrung im Talent Management Und das Gewinnen eines besseren Gespürs, wie die Chemie zwischen Kunden und Mitarbeitern die langfristige Qualität und Produktivität verbessern, gehören zu den Lernzielen für die Teilnehmer.

    „Enterprise“ zur Strategieentwicklung und zum Portfoliomanagement

    Bei dieser Simulation folgen die Teilnehmer in einem dynamischen Markt ihrer Strategie und passen sie den Veränderungen an, um mehr Kunden zu gewinnen. Maximieren des Markenwerts und exzellente Leistung sind Dabei der Schlüssel zum Erfolg. Lernziel ist es, dass die Teilnehmer schnell ihr Gesamtverständnis für die geschäftliche Situation gewinnen und Verbesserungspotenziale zu identifizieren.

    „Cayenne“ für das Projekt- und Risikomanagement

    Diese Simulation konfrontiert die Teilnehmer mit typischen Herausforderungen in Projekten. Sie lernen Ressourcen effektiver einzusetzen, den Geschäftswert des Projekts zu sichern und Performance aller Beteiligter zu steigern. Zu den Lernzielen zählen eine verbesserte Fähigkeit, die Anforderungen und Bedürfnisse verschiedener Beteiligter wie Auftraggeber, Projektteam und (potenziellen) Kunden zu erkennen und zu integrieren sowie die geschärfte Wahrnehmung von Signalen und Symptomen möglicher Barrieren und Projektfallen.

    „Sales Endeavour“ für den Vertrieb und das Sales Opportunity Development

    Mit dieser Simulation lernen die Teilnehmer wertvolle Vertriebschancen zu identifizieren, zu evaluieren und systematisch zu verfolgen. Durch die Integration von echten Beispielen aus der eigenen Verkaufspraxis gehen sie mit einem ausgearbeiteten Vertriebsplan aus der Simulation. Im Workshop haben die Teilnehmer das Priorisieren von Chancen unter der Perspektive von Auftragswahrscheinlichkeit und Nutzen für den Kunden diskutiert, sowie ein geeignetes Kundenmanagement erarbeitet. Außerdem das Entwickeln von Strategien und Vorgehensweisen, um besser zu sein als der Wettbewerb.

    Fazit

    Der Vorteil des Business-Simulations-Ansatzes liegt in

    • der Reduzierung des Risikos eines Scheiterns von Veränderungsprozessen
    • dem risikolosen Ausprobieren neuer Ideen – Fehler dürfen bewusst gemacht werden, um daraus zu lernen
    • dem Beschleunigen von deren Akzeptanz und die Umsetzung in der Firma und
    • dem Vorantreiben von erwünschten Veränderungen durch die Mitarbeitern selbst

    Literatur

    KARRLEIN,W., STEINLEITNER M. (Mai 2015): Veränderungen in Unternehmen – Wie Transformationen durch Business-Simulationen wirkungsvoll und effizient gefördert und erfolgreich werden, Whitepaper

    KARRLEIN, W. (2002): Strategiegrundlagen in: BERRES, A., BULLINGER, H-J.: E-Business, Handbuch für Entscheider, Springer Verlag, 53-76

    KARRLEIN, W., GEIGER, U. (2001): Change Management bei der Einführung von E-Business, in: FRISCHMUTH, J., KARRLEIN W., KNOP J.: Strategien und Prozesse für neue Geschäftsmodelle, Springer Verlag, 69-80

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    MELANDER, K. (1993): The Power of Learning, McGrawHill, 2nd Edition

    HEINZ LEÓN WYSSLING (2012): Motivorientiertes Führen, http://www.personalmanagement.info/hr-know-how/fachartikel/detail/motivorientiertes-fuehren/ aufgerufen zuletzt: 13.4.2015

     

     

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