Mappingverfahren

    11. November 2004 von Dr. Heiko Haller

    Persönliches Wissensmanagement setzt beim einzelnen Wissensarbeiter an, und versucht, dessen Probleme zu lösen. Der Autor stellt Mapping-Verfahren als Instrument des persönlichen Wissensmanagements vor. Detailliertere Hintergründe, kognitionspsychologische Grundlagen sowie ein Vergleich bestehender Verfahren und Tools sind in der Diplomarbeit des Autors beschrieben. Zweck dieses Artikels ist es einen ersten Einblick in die beiden meistverwendeten Mappingverfahren, die Mind Map und die Concept Map zu geben.

    Persönliches Wissensmanagement

    Klassisches Wissensmanagement dreht sich oft um die Frage: "Wie bekommt ein Unternehmen das Wissen seiner Mitarbeiter aus deren Köpfen in die Computer hinein?". Auf die vielfältigen Gründe, warum Wissensmanagement inzwischen vielerorts als gescheitert gilt, soll hier nicht in der Breite eingegangen werden; einer dieser Gründe aber ist mit Sicherheit der: Wenn ein Wissensmanagementsystem wirklich Anwendung finden soll, muss es dem einzelnen Wissensarbeiter nützen, indem es ihn in seiner täglichen Arbeit unterstützt.

    Persönliches Wissensmanagement (PKM) setzt beim einzelnen Wissensarbeiter an, und versucht, dessen Probleme zu lösen. So vielfältig diese sein können, sind auch die verschiedenen Sichtweisen von Persönlichem Wissensmanagement: Während Autoren wie Kai Romhardt z.B. eher den Aspekt des Selbstmanagement beschreiben, soll es hier um Verfahren gehen, wie externe Hilfen als Gedankenstützen benutzt werden können.

    Mapping

    Wissensressourcen mithilfe graphischer Verfahren zu organisieren, bietet einen bestechenden Vorteil: Wir können unseren natürlichen Orientierungssinn benutzen, der von der Evolution weder auf Papierstapel noch auf Texte oder gar Hypertexte wie das Internet optimiert wurde. Wir nutzen unseren Orientierungssinn, der mühelos räumliche Positionen (auch auf einer Fläche) auseinanderhält, um uns in einem "Wissensraum" zu orientieren.

    Besonders für die Fälle, wo es darauf ankommt, sich einen Überblick über ein Gebiet zu verschaffen, oder Inhalte zu strukturieren, bzw, eine vorhandene Struktur darzustellen, sind Mapping-Verfahren geeignet. Es kommen dabei insbesondere zwei verschiedene Ansätze in Frage: Mind-Maps und Concept Maps.

    Beide Verfahren wurden in den 70er Jahren bekannt: Mind-Maps durch Tony Buzan (Buzan, T. & Buzan, B. (1996). Das Mind-Map-Buch. Die beste Methode zur Steigerung ihres geistigen Potentials. Landsberg a. L.: MVG.) und Concept Maps durch Joseph D. Novak (cmap.coginst.uwf.edu/info/). Und obwohl beide damals nur für Papier und Buntstift entwickelt wurden, gibt es heute für jedes der Verfahren mehrere Software-Tools, die ganz neue Möglichkeiten eröffnen.

    Mind-Maps

    Beim Erstellen einer Mind-Map beginnt man in der Mitte mit dem zentralen Thema, das durch ein Wort, ein Bild oder Symbol dargestellt wird. Von der Mitte aus werden in alle Richtungen Äste gemalt, an welche die sog. Primärideen geschrieben werden. Diese Hauptäste verzweigen dann immer tiefer, in Unteräste usw. . An den Ästen stehen Stichwörter, kurze Halbsätze oder kleine Bilder. Zusätzliche Querverbindungen zwischen Zweigen können durch Pfeile dargestellt werden. (s. Abb. 1)

    Abbildung 1

    Abb.1: Einfache Mind Map

    Obwohl Mind-Maps ursprünglich als Kreativ-Technik entwickelt wurden, und sich auch hervorragend für Brainstorming-Sitzungen bewährt haben, sind sie aufgrund ihrer einfachen, hierarchischen Ordnungsstruktur (Baumstruktur), auch für andere Aufgaben, bei denen ein Themengebiet übersichtlich gegliedert werden soll, sehr gut geeignet. Erstens, weil diese Hierarchische Struktur mühelos und intuitiv verständlich ist - wir sind es gewohnt, Dinge in Hierarchien zu ordnen. Und zweitens, weil man auch einer inhaltsreichen Mindmap (wie in Abb. 2) die Gliederungsstruktur direkt ansieht und dies viel detailreicher, als etwa einem Text.

    Abbildung 2

    Abb. 2: große Mind-Map als Gliederung

    Benutzt man computerbasierte Mind-Mapping-Programme (wie z.B. den professionellen MindManager (mindjet.de) oder das kostenlose FreeMind (freemind.sourceforge.net), kommt einem dabei die Möglichkeit zugute, der Übersichtlichkeit halber ganze Zweige oder Unteräste ausblenden zu können (vgl. Abb. 3).

    Abbildung 3

    Abb. 3: Die selbe Mindmap wie Abb. 3 aber viele Unteräste ausgeblendet

    Da Mind-Maps eine übersichtliche Ordnungsstruktur bieten und die gängigen Programme dem Benutzer die Layoutaufgaben weitestgehend abnehmen, eignen sie sich auch gut als Notiz-Werkzeug, oder zur Konzeptentwicklung, denn man kann schnell und einfach Ideen fest halten , sie zunächst irgendwo hin schreiben, und sie z.B. per drag-and-drop grob sortieren. Anschließend, beim "refinement", können die so erstellten Maps nach und nach ergänzt, feiner ausgearbeitet und sorgsam gegliedert werden, ohne die bereits vorhandenen Inhalte neu abschreiben zu müssen, ohne in ein anderes Programm und damit in einen anderen Kontext wechseln zu müssen und ohne Platzprobleme zu bekommen, weil das Programm das Layout der Map entsprechend anpasst: Werden neue Zweige eingefügt, machen die anderen sozusagen automatisch Platz, was das nachträgliche Ergänzen und Ausarbeiten einer Map sehr effizient macht. Der sog. cognitive overhead ist gering. (Als "cognitive overhead" bezeichnet man den Anteil der geistigen Arbeit des Benutzers, der sich nicht unmittelbar auf die eigentlichen Inhalte bezieht; dazu gehören z.B. die Auseinandersetzung mit dem Computer selbst, mit dem Speichern etc. und eben auch mit Layoutproblemen wie "was verschiebe ich jetzt wohin, damit hier noch Platz entsteht, für das was ich noch einfügen will?").

    Da Mind-Maps aber oft nur Stichworte enthalten, eignen sie sich zwar gut als kompakte Gedankenstützen für den, der sie erstellt hat, können aber manchmal von Anderen schwer gelesen werden.

    Concept Maps

    Concept Maps hingegen sind Begriffsnetze; sie bestehen aus einzelnen Knoten und Verbindungen. Die Knoten werden meist durch ein Oval mit einem oder mehreren Worten darinnen dargestellt, die Verbindungen meist durch beschriftete Pfeile (s. Abb. 4). Im Gegensatz zu Mind-Maps besitzen sie die Grundstruktur eines Netzes.

    Abbildung 4

    Abb. 4: Concept Map

    Da bei einer Concept Map die Verbindungen zwischen den Konzepten für gewöhnlich explizit benannt werden, eignen sie sich gut, um Zusammenhänge in vernetzten Systemen abzubilden, oder um einen komplexen Themenbereich nicht nur hierarchisch zu gliedern, sondern auch inhaltlich abzubilden, wofür sie u.a. von der Nasa (cmex.arc.nasa.gov) erfolgreich eingesetzt werden. Dadurch, dass Concept Maps explizite Aussagen enthalten (z. B.: "Concept Maps-haben->Netzwerkstruktur"), sind sie weitgehend selbsterklärend und in der Regel auch für Andere gut verständlich. Sie haben sich auch in der Praxis gut zur Wissensvermittlung bewährt.

    Ein recht verbreitetes Concept Mapping Programm ist "Inspiration" (www.inspiration.com), ein weiteres, für den nichtkommerziellen Gebrauch sogar kostenloses ist "cMap Tools" (cmap.ihmc.us).

    Kollaboratives Mapping

    Außer für Persönliches Wissensmanagement lassen sich Mappingverfahren auch für Gemeinschaftliche Arbeit nutzen: Zum einen, indem Gruppenprozesse wie Diskussionen oder Brainstormings am Flipchart oder (besser) am Beamer inhaltlich aufgegriffen und visualisiert werden, was zu Übersichtlichkeit und oft Klarheit der Themen beiträgt.

    Zum anderen ermöglichen einige Mapping-Tools auch, dass mehrere Menschen gleichzeitig von verschiedenen Computern aus über das Internet an einer gemeinsamen Map arbeiten, die dadurch z.B. als Diskussionsgrundlage in einer Tele-Konferenz genutzt werden kann (MindManager, cMap Tools).

    Weitere Möglichkeiten

    Außer den beiden beschriebenen gibt es noch eine ganze Reihe weiterer Mappingverfahren, für die zwar Tools verfügbar sind, die jedoch meist in der Anwendung noch so aufwändig oder umständlich sind, dass man sie nur mit großem cognitive overhead benutzen kann, was sie für das Persönliche Wissensmanagement ungeeignet macht und auf die daher hier nicht weiter eingegangen werden soll.

    Detailliertere Hintergründe, kognitionspsychologische Grundlagen sowie ein Vergleich bestehender Verfahren und Tools sind in der Diplomarbeit des Autors (heikohaller.de/literatur/diplomarbeit/) beschrieben.

    Die Maps sind nicht das Wissen

    Abschließend bleibt einem verbreitetem Missverständnis vorzubeugen: Es wäre falsch zu sagen "Eine Map enthält das Wissen ihres Autors." Man könnte sie eher im Sinne von Platons Höhlengleichnis (Platon, Politeia - Siebentes Buch. Volltext online unter gutenberg.spiegel.de/platon/politeia/politeia.htm) als einen Schatten seines Wissens ansehen - allerdings mit einer schönen Erweiterung: Je vielfältiger und individueller dieser Schatten ist, desto besser kann er seinem Urheber helfen, das ursprüngliche Wissen selbst wieder zu aktivieren.

    Doch selbst eine aufwändige Concept Map mit vielen Verbindungen wird nie alle Details und Aspekte dessen abbilden können, was echtes, lebendiges Wissen, welches ausschließlich in einem menschlichen Bewusstsein stattfindet, an Komplexität und feinen Nuancen besitzt.

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