Einführung von Wissensmanagement in einer Härterei - ein iw-klug Modellprojekt.

    07. Juni 2002 von Institut der deutschen Wirtschaft - iw-klug

    Das Ziel des Projektes war die Verbesserung des Informationsflusses und die bessere Nutzung des Mitarbeiterwissens im Schichtbetrieb.

    Dieser Artikel wurde uns freundlicherweise vom Projekt iw-klug des Instituts der deutschen Wirtschaft in Köln zur Veröffentlichung überlassen.

    Unternehmensprofil

    Die Veredelung von Maschinen- und Werkzeugteilen ist aus dem Fertigungsprozess des Maschinen- und Werkzeugbaus nicht wegzudenken. Die Wärmebehandlung und Härtung von Metallbaubeilen benötigt ein umfangreiches Know-how, auf das sich Härtereien spezialisiert haben, um für ihre Kunden, den Unternehmen des Maschinen- und Werkzeugbaus, die Veredelung von Metallbauteilen als Dienstleistung zu übernehmen.

    Unser Modellunternehmen, eine Härterei, hat 85 Mitarbeiter und zahlreiche Auftraggeber aus dem Maschinen- und Werkzeugbau, der Getriebeproduktion und der Automobilindustrie. Das Kerngeschäft der Härterei besteht darin, angelieferte Metallbauteile durch Härteverfahren zu veredeln, welche, nachdem sie vom Auftraggeber wieder abgeholt worden sind, endgefertigt werden können.

    Gründe für die Einführung von Wissensmanagement

    Die Ziele der Einführung von Wissensmanagement bei der Härterei liegen darin, das vorhandene Mitarbeiterwissen offen zu legen, um es für einen größeren Personenkreis zugänglich zu machen, den Informationsfluss und Wissenstransfer zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitern sowie zwischen den Mitarbeitern gleicher und unterschiedlicher Schichten insbesondere bei der Schichtübergabe zu optimieren und vorhandene Wissensdefizite festzustellen und mit Hilfe von internen Schulungsmaßnahmen zu verringern.

    Betroffene Mitarbeiter/Abteilungen
    Die Aktivitäten des KluG-Teams haben ihren Schwerpunkt im Produktionsbetrieb der Härterei. Hier konzentrieren sich die Analyse- und Umsetzungsschritte des Wissensmanagements auf die verschiedenen Ofen- und Brenneranlagen, welche im Dreischichtbetrieb - Früh-, Mittags- und Nachtschicht - arbeiten.

    Rolle des Betriebsrats
    Voraussetzung für die Durchführung des Projektes ist die Beteiligung des Betriebsrats, der bei allen Sitzungen und Entscheidungen anwesend ist und zu allen Schritten seine Zustimmung geben muss.

    Vorgehensweise im Unternehmen - Zeitplan

     

    Dezember 2000
    Planung der wesentlichen Ziele und der Vorgehensweise innerhalb des Projektes
    Workshop mit Geschäftsleitung, Betriebsleitung, Betriebsrat und allen Abteilungsleitern der Produktion

    • Vorstellung des Projektes
    • Diskussion der Problematik bezogen auf das Unternehmen
    • Eingrenzung der Problembereiche im Unternehmen
    • Formulierung des Projektzieles
    • Gemeinsame Besprechung der Kooperationsvereinbarung

     

    Januar 2001
    Analyse der Ist-Situation und Informationsbeschaffung
    Konzeption eines Fragebogens (15 Fragen) zur Erhebung der Ist-Situation und zur Ermittlung von Informationsdefiziten, Wissenslücken und Wissensflussstörungen im Unternehmen Durchführung von 18 halb-standardisierten Interviews mit Mitarbeitern aller drei Schichten (Früh-, Mittags-, Nachtschicht) aus der Produktion

    Februar 2001
    Auswertung der anonymen Antworten hinsichtlich der folgenden Fragen:

    • Wo sind Störungen bei der Informationsweitergabe? Wie können diese beseitigt werden?
    • In welcher Form werden welche Informationen bereitgestellt und was könnte verbessert werden?
    • Welche Kommunikationswege existieren und wie können diese verbessert werden?
    • Wo gibt es Informationsdefizite und wie können diese beseitigt werden?
    • Wie werden Erfahrungen und Wissen dokumentiert und weitergegeben?
    • Welches Wissen fehlt und auf welchem Wege können Wissenslücken aufgefüllt werden?
    • Wie stehen die Mitarbeiter zu dem Projekt? Wie hoch ist der Grad der Partizipation?

     

     

    Festlegung des Soll-Konzeptes mit anschließender Umsetzungsphase von beschlossenen Maßnahmen

     

    Formulierung der Problemfelder bei der Wissens- bzw. Informationsweitergabe und -dokumentation auf der Grundlage der Ergebnisse der Befragung

    März 2001
    Vorstellung der Ergebnisse im Unternehmen und gemeinsame Beratung des weiteren Vorgehens bezüglich Dringlichkeit der Probleme, Eingrenzung der angestrebten Maßnahmen und des Umsetzungszeitrahmens

    April 2001
    Gründung einer siebenköpfigen Arbeitsgruppe bestehend aus je zwei Mitarbeitern der Früh- und Spätschicht, dem Betriebsleiter und zwei KluG-Team-Mitgliedern. Die Arbeitsgruppe trifft sich im dreiwöchentlichen Rhythmus und beschäftigt sich insbesondere mit den folgenden Aspekten: Auswahl der Problembereiche von denen in jedem Arbeitsgruppentreffen ein Schwerpunkt eingehend diskutiert wird und Veränderungsmaßnahmen beschlossen werden:

    • Schulungsbedarf
    • Schichtübergabe
    • Produktionsablauf und Produktionsplanung
    • Erfahrungsaustausch

     

    Mai bis September 2001
    Regelmäßige Treffen der Arbeitsgruppe, in welchen die erkannten Problembereiche besprochen und geeignete Maßnahmen zur Beseitigung der Missstände beschlossen werden. Umsetzung der beschlossenen Maßnahmen mit ständiger Erfolgskontrolle und gegebenenfalls Korrekturen.

    Oktober 2001
    Endgültige Entscheidung und Planung des weiteren Vorgehens

    Erfolgskontrolle von allen bisher eingesetzten Instrumenten Bewertung des Projektes und Entscheidung über Weiterführung und Ausdehnung der Maßnahmen Befähigung des Unternehmens zur eigenständigen Weiterführung des Wissensmanagements

     

    Bisher umgesetzte Maßnahmen

    Die Darstellung von zwei Beispielen umgesetzter Maßnahmen, macht deutlich, dass schon mit einfachsten Mitteln eine Verbesserung der Informationsweitergabe und der Wissensarbeit erreicht werden kann. Einfache Maßnahmen gewährleisten schnelle, sichtbare Erfolge, so dass insbesondere den Mitarbeitern der Nutzen von Wissensmanagement erkennbar wird und somit die Motivation und das Durchhaltevermögen für kompliziertere, zukünftige Problemstellungen gesichert wird.

    Problembereich Schulungsbedarf
    Einige (z. T. fachfremde, neue) Mitarbeiter fühlen sich bei der Bedienung der Öfen oder der Behandlung von verschiedenen Werkstücken unsicher.

    Maßnahme:
    Der Betriebsleiter führt hausinterne Schulungsmaßnahmen durch.

    Problembereich Schichtübergabe:
    Die Spätschicht weiß nicht, welcher Ständer/welche Charge sich in einem Ofen befindet.

    Maßnahme
    Der Ofendeckel wird mit Kreide entsprechend beschriftet.

    Auftretene Schwierigkeiten und Widerstände mit Lösungsansätzen

    Projektmüdigkeit
    Das Unternehmen hat in den vergangenen Jahren zahlreiche Projekte zur Optimierung von Arbeitsabläufen durchgeführt. Daraus ergab sich für das KluG-Team die Problematik, dass in der Belegschaft bei Projektbeginn eine Projektmüdigkeit zu spüren war, da aus der Sicht der befragten Schichtarbeiter zu viele Projekte zu wenige greifbare Ergebnisse gebracht haben bzw. von den diversen Projekten -immer nur die anderen- profitiert haben. Im Verlauf der Befragung konnte dieses Vorurteil entkräftet werden, da deutlich gemacht wurde, dass das Vorgehen im Rahmen des Projektes in kleinen Schritten erfolgen soll, so dass schon zu Beginn des Projektes Erfolge spürbar werden. Die Motivation der Mitarbeiter für eine aktive Teilnahme an dem Projekt konnte durch die unmittelbare Umsetzung -kleiner- Maßnahmen (siehe Abschnitt Bisher umgesetzte Maßnahmen), die zudem die tägliche Arbeit der Befragten auch unmittelbar betreffen, gesteigert werden.

    Sprachgebrauch
    Im Rahmen der Vorankündigung des Projektes bzw. der Mitarbeiterbefragung hat das KluG-Team die Erfahrung gemacht, dass der Wortwahl und der Benutzung einer gemeinschaftlichen Sprache, ein hoher Stellenwert zukommt.

    Hierzu eine kurze Anekdote: Auf dem Aushang, der über die Mitarbeiterbefragung informieren sollte, stand in großen Lettern der Begriff "Wissensmanagement", der ankündigen sollte, in welchem Zusammenhang die Befragung durchgeführt werden soll. Ein Befragter entgegnete daraufhin während des Interviews auf die Frage, ob er im Vorfeld der Befragung durch den Aushang informiert worden wäre, dass da zwar ein Aushang gehangen habe, auf dem das Wort Management stand, dass er aber mit Management ja nichts zu tun habe und somit auch nicht weitergelesen hätte.

    Diese Anekdote verdeutlicht, dass es wichtig ist, sich auf eine gemeinschaftliche Sprache zu verständigen und wenn nötig, bestimmte Schlüsselbegriffe im Vorfeld zu klären, damit sichergestellt ist, dass die Beteiligten nicht aneinander vorbeireden, wenn sie gemeinsam die Lösung bestehender Probleme angehen.

    "Schriftliches", Angst vor Institutionalisierung, Freiheitsverlust
    Die Härterei zählt mit ihren 85 Mitarbeitern zu den Kleinen und Mittleren Unternehmen. In solchen Unternehmen laufen die meisten Kommunikationsprozesse auf informellen Wegen und von Mund-zu-Mund. Diese Kommunikationskultur wird mit verhältnismäßig wenigen institutionalisierten und schriftlichen Kommunikationsformen praktiziert und ist darüber hinaus mit einem hohen Maß an Freiwilligkeit verbunden, welche die Mitarbeiter sehr schätzen. Kontrollierte, gesteuerte und verlässliche Informationsweitergabe ist aber zwangsläufig mit der Einführung bestimmter Regeln und Medien zur Informationsweitergabe verbunden. Diesen Gegensatz zwischen Formalisierung von Kommunikationsprozessen und Freiwilligkeit zu überwinden, ist eine der wichtigsten und schwierigsten Aufgaben, welche im Rahmen des Projektes überwunden werden muss.

Kommentare

Das Kommentarsystem ist zurzeit deaktiviert.